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Drei Mädels und ne Kugel (Skihochtour Weißkugel)

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Schon Jahre stand dieser Gipfel ganz weit oben auf meiner Wunschliste. Während wir drei Mädels Stunde um Stunde den Gletscher hinauf hatschten, kreisten die Gedanken: »Werden wir es heute tatsächlich schaffen? Und wie wird es sein? Ich werde komplett ausflippen. Aber sowas von! Als Mädelsseilschaft auf die Weißkugel!« Am Ende? Kam natürlich wieder alles anders.

Optimaler könnten die Voraussetzungen nicht sein. Sonne pur, ein Tag unter der Woche, drei von uns vier motivierten Ladies konnten sich freischaufeln und hüpften fröhlich in Vent aus dem Auto. Weißkugel – bei uns allen ein Berg der ganz großen Träume! Vor zwei Wochen hatte es auf der Venter Runde nicht geklappt, womöglich diesmal? Es muss fast, denn nochmal will man sich den elf Kilometer-Hatsch wohl kaum gönnen.

Erstmal einhatschen

Vor den elf warteten erst einmal die sieben Kilometer am Abend zum Einlaufen – in weiser Voraussicht in Turnschuhen. Von Schnee war trotz des neuen Niederschlags keine Spur. Das Hochjoch-Hospitz mit seiner sensationellen Lage kam erst pünktlich zum letzten Aufschwung in den Blick. Hüttenwirt Thomas begrüßte uns zur Feier des Wiedersehens fröhlich direkt mal mit dem Meisterwurz und stellte ihn so schnell auch nicht mehr weg. Vernünftig und fit für die Tour morgen bleiben? Oder die sympathische Truppe zelebrieren? Die Zirbe übernahm am Ende die Entscheidung.

Noch ein bisschen mehr hatschen

Trotzdem standen wir pünktlich um sieben am Skiraum. Mit Ski auf dem Rücken, irgendwie wäre es ja sonst auch keine ulligundsche Tour. Zur Feier der Routine ging es also auch heute zunächst zu Fuß in Richtung Gletscher, nach einer Stunde wagten wir das erste Mal die Ski anzuschnallen. Gemeinsam mit einer weiteren Seilschaft zogen wir die ersten Linien über den Gletscher. Stunde um Stunde verging, die Bindungen klapperten meditativ im immergleichen Takt, um uns herum keine anderen Menschen weit und breit.

 

Spurend hatschen

Die Jungs waren kurz vor der ersten Steilstufe abgebogen, wir entschieden uns für den direkten Weg und spurten den unberührten Hang hinauf. Kalt wurde es, am Himmel aber war weiterhin keine Wolke zu sehen. Eine Stärkung später wurde die Sache langsam spannender. Steil zum Windkolk, vorbei an der Stelle, an der wir letztes Mal umgedreht waren, kurze Lagebesprechung. Wir hatten Bedenken wegen der Lawinengefahr, der Hang war steil und deutlich eingeblasen. Es hatte immerhin einen Dreier…

 

Statt hatschen stapfen!

Gemeinsam mit einer weiteren Seilschaft berieten wir uns und entschieden uns für einen Aufstieg zu Fuß entlang der Felsen. Steil war es, aber gut zu gehen. Zu siebt stapften wir nach oben. Der Wind war eisig und unbarmherzig. Immer wieder bließ er uns fast um. Während ich Lena im Aufstieg fotografierte, bemerkte ich erst den Hintergrund: Zehn, zwanzig schwarze Punkte waren plötzlich da. Menschen. So viele Menschen!? Wo kamen die alle her?!

Im Stau

Mit einem Affenzahn spurte eine Sechser-Seilschaft den Hang hinauf, die nicht vorhandenen Sicherheitsabstände widerlegten unsere Befürchtungen wegen der Lawinengefahr mal wieder eindrücklich. Bis wir drei wieder vereint an der Kuppe standen und den finalen Gipfelgrat begutachteten, waren plötzlich auch alle anderen da. Ein unsympathisches Wettrennen begann, der schmale Grat mit seinen nicht vorhandenen Ausweichmöglichkeiten machte die Stimmung nicht besser.

Angespannt eingespannt

Eingekeilt in verschiedene Seile, ausgekühlt vom eisigen Wind und urplötzlich inmitten einer tiefen Wolkensuppe verflog unsere Gelassenheit. Bonnie und ich stapften noch schnell zum Gipfel, Lena steckte im Stau und verlor die Lust. Der Gipfel wäre zum Greifen nahe gewesen, die Finger aber eingefroren, die Motivation verflogen. Zu viel war los, zu rücksichtslos die Leute. Wir hatten es so weit gemeinsam geschafft und doch standen wir auf den letzten Metern nicht als Team auf diesem Gipfel. Widerwillig kramte ich die Kamera raus, es war einfach nur kalt! Ein Foto, noch eins in Richtung Lena, irgendwie noch halbherzig ins Tal fotografiert… Weg hier, runter!

Abmarsch

Während wir zurück zu den Ski stapften, erinnerte ich mich noch daran, wie ich mir den Gipfelmoment vorgestellt hatte. Entspannt, fröhlich, als souveräne Dreierseilschaft. Am Ende war es ganz anders. Lena hingegen war gelassen, vom Höhenunterschied machte es tatsächlich wirklich nichts mehr aus. Und bis dahin war die Tour einfach sensationell.

 

Einspurig nach unten

Sensationell im ironischen Sinne wurde auch die Abfahrt. Nach ein paar wenigen herrlichen Schwüngen im frischen Schnee bogen wir auf unsere Aufstiegsspur ein und verließen sie wortwörtlich erst gut acht Kilometer später wieder. Drei Pünktchen auf weiter Flur, nahezu alle anderen Seilschaften waren nach Südtirol abgebogen. Am Ende des Gletschers überließen wir Bonnies Gespür (und Größe 😉 ) die Suche nach der möglichsten Route durch die Schnee-Geröll-Wüste, bis es die letzten Meter im engen Bachbett wieder flink bis zur Brücke rutschte. Oder wahlweise bis direkt in den Bach.

 

Tief zufrieden

Nach einem kurzen Fluch starteten wir zum wohl anstrengendsten Teil der ganzen Tour: Der letzte Anstieg zur Hütte. Stoisch. Schweigend. Schnaufend. Thomas begrüßte uns fröhlich so, wie wir gestern aufgehört hatten: Meisterwurz ahoi. Dieser Typ! Den Abstieg ins Tal verschoben wir sicherheitshalber auf den nächsten Tag, genossen noch ein wenig die Gastfreundschaft der Hütte, breiteten uns abermals in „unserem“ Lager aus und stiegen am nächsten Morgen mit einer tiefen Zufriedenheit zurück ins Tal. Hätten wir den Tag heute noch nützen sollen? Noch eine Tour dranhängen, »wenn wir schon mal da sind«? Nein, wir waren glücklich. Die Weißkugel war ein langer Traum, wir wollten dieses Gefühl ganz in Ruhe genießen. Es hätte schließlich fast nicht besser sein können.

 

Diese Ausrüstung war mit dabei:
(Hier gehts zur ganzen Übersicht)

 

 

 


Mimimi. Mimimimimimi. (Teufelsgrat, Mont Blanc du Tacul)

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Ich hänge am Stand der ersten Seillänge und weine vor Schmerz. Screaming Barfies nennen das die Eiskletterer. Es beschreibt das Gefühl, wenn eingefrorene Finger langsam wieder auftauen. Dass sie jemals wieder auftauen würden, bezweifle ich in diesem Moment. Die aufmunternden Worte vom Freund, der nur wenige Zentimeter von mir entfernt hängt, verfliegen im wütenden Sturm. Weiter, es kann nur besser werden.

Er ist kein Fan von leichter Kletterei. Und schon gar nicht von Graten. Als ihm ein befreundeter Bergführer von einer gar nicht so schlechten Grat-Tour in Chamonix erzählt, schlägt er mir die Tour vor: »Teufelsgrat oder so ähnlich heißt der. Der Tobi meinte, die kann man schon mal machen! Sagt dir das was?!«. Ich musste kurz die Kinnlade vom Boden aufklauben, nickte heftig und faselte in völliger Begeisterung was von »Wunschliste«, »anspruchsvoll« und »machen will!«.

Plötzlich dort

Nicht mal eine Woche später standen wir mit bemerkenswert schweren Rucksäcken im Nebel irgendwo zwischen monströsen Spalten. Das Navi sagte, wir seien zu hoch, der zehn-Meter-reichende Blick sagte: Unter uns sind noch größere Spalten. Gerade als wir die Suche nach einem gangbaren Weg aufgeben wollten, riss es für einen Moment auf, genau lang genug, um die eine Schneebrücke zu erwischen. Wenig später stand das Zelt und auf dem Kocher schmolz der ersten Schnee. Wir sind in Chamonix. Ich fasse es nicht. Er und ich. Wir beide. In Chamonix. Nach den USA der vorerst letzte verbleibende »Da will ich mal hin«-Ort. Und jetzt sind wir da!?

Auf zum Teufelsritt

2 Uhr. Der Wind hatte die ganze Nacht am Zelt gerüttelt, an Schlaf war eher weniger zu denken. Die Nacht war ja aber ohnehin bei der Hälfte schon vorbei. Bis die Sonne aufging, hatten wir also nach Frühstück und abermaligem Sichern des Zeltes bereits einen Gletscherhatsch, einen Bergschrund, 500 Höhenmeter steiles Schottergelände und ein noch steileres Schneefeld hinter uns.

Im Sturm

Am Grat erwartete uns nicht nur das erste Morgenrot, sondern vor allem ein peitschender Wind. Die Wetterprognose lag entweder um Welten daneben oder aber hatte sich um ein paar Stunden vertan. Wir hofften auf Zweiteres und machten uns an den ersten Turm.

Drei (wer will auch vier) gilt es insgesamt zu erklettern, alles nicht schwerer als 5b, wobei die Kletterei wahlweise a) mit Kletterschuhen, b) bei milden Temperaturen, c) mit warmen Fingern, d) ohne Sturm oder e) in ausgeschlafenem Zustand womöglich ein klein wenig genüsslicher gewesen wäre. Nein, sagen wir statt »wäre« lieber »ist«, denn eigentlich sah der Fels sensationell aus. Wäre da nur nicht der unbeschreibliche Schmerz in den binnen Sekunden gefrorenen Fingern. Und die Eisschicht auf den Seilen. Und – falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte – der eiskalte Sturm, der einem ständig irgendwelche Rucksack-Bändel ins Gesicht peitschte. Ach was ist der Grat doch schön…

Point of no return

Während ich noch überlegte, ob die Finger jemals wieder auftauen würden, kam mir ein weiterer Gedanke: Wir sind am »point of no return«. Mit dem Abziehen des Seils von diesem Turm wäre der einzige mögliche Weg »nach unten« jener nach oben zum Gipfel des Mont Blanc du Tacul. Andererseits: Nur noch eine schwere Länge, der Rest ist mehr oder weniger Gehgelände. Und hier jetzt umdrehen? Alles wieder runter? Nein, wir sind uns einig.

Ein ausgesetztes Gratstück und schon standen wir am Einstieg zum nächsten Turm. In manchen Topos mit vier Seillängen angegeben, holte der Meister jetzt dann doch mal das zweite Seil raus und machte kurzen Prozess. Eine Seillänge später stand er oben. Oder ich vermutete es zumindest, denn mit »sehen« oder gar »kommunizieren« war bei diesem Wetter nicht viel.

Richtig coole Kletterei! Eigentlich…

Diesmal mit Handschuhen bewaffnet ging es also in Richtung 5b. Richtig coole Kletterei, etwas ungewohnt mit Bergschuhen, aber was dick und globig ist, klemmt schon mal besser in dicken Rissen. Ähnliches galt auch für die Handschuhe. Ohne Rücksicht auf irgendwelche materiellen Verluste ging es irgendwie nach oben. Im Klettergarten wäre diese Seillänge ein wahrer Schmaus gewesen, bei den jetzigen Bedingungen war es, nun, sagen wir mal »ein notwendiges Übel«. Mal wieder eine neue Erfahrung, speziell weil zur Abwechslung zu Nebel und peitschendem Wind jetzt auch noch Graupel kam, der einen interessanten Nadel-Stich-Effekt im Gesicht hatte.

Ulligunde hoch, Kamera runter

Mit wieder nur einem Seil ging es durch den berühmten Briefkasten-Durchschlupf: Gerade ungefähr Ulligunde-breit muss man irgendwie nach oben und dann durch. Bei mir ging das dank schmalem Körperbau auch ganz famos, einzig die Kamera wählte lieber den Weg nach unten. Also wieder runter, Kamera bergen. Aufhänger kaputt, Speicherkarte nicht mehr lesbar, besonders eindrückliche neue Kratzer in der ohnehin schon völlig ramponierten Kamera. Naja, immerhin nicht verloren, waren schließlich schon ganze fünf Bilder von dieser Tour drauf.

Der leichteste Turm?

Eine wilde Abseilfahrt später der letzte, angeblich leichteste Turm. Weil zu faul für Steigeisen wählte der Meister (und ja, der ist hier alles vorgestiegen, weil Mimimi) irgendeine Variante und machte aus dem angeblichen 5b-Grat ohne es groß zu merken etwas ungleich schwereres. Ach, Liebster!

Immerhin hatte der Sturm inzwischen recht unvermittelt abgenommen. Klettern ohne Handschuhe! Halleluja! Anspruchsvoll-gruslige Quererei, die mit Kletterschuhen sicher mal wieder reiner Genuss wären. Angsthäschen ließ grüßen und kam ganz minimal entnervt am Stand an. Ein Kuss später sah die Welt aber schon wieder viel besser aus, denn: Das Schwerste lag nun hinter uns. Was im Umkehrschluss bedeutete: Ab jetzt wird’s anstrengend, denn es warteten noch gut 150 Höhenmeter in leichtem, teils losem Gestein. Mit ungefähr 47.391 Metern Luft, Schotter und irgendwo ganz unten Gletscher unter den Füßen jetzt auch nicht viel besser und außerdem: HUNGER. MÜDE. PIPI.

Sonne. Pause!

Auf einer kleinen Plattform wurden erstmal alle Bedürfnisse gestillt. Selbst ein kleines Nickerchen ging sich in dem inzwischen warmen Sonnenschein aus. Ja, bei diesem Wetter wären die Türmchen wohl deutlich mehr Genuss gewes… schnarch… seufz… »Hey Schlafmütze, komm, wir gehen langsam mal weiter!«.

Am laufenden Seil ging es also die verhältnismäßig leichte Kletterei nach oben. Die Finger spürten Fels, die Jacke wurde bald zu warm. Ach, so kann das Klettern auf viertausend Metern also auch sein?  Wir krabbelten und krabbelten, seilten eine Stelle abweichend vom Topo nochmal ab, und krabbelten und krabbelten weiter. Bei der zweiten Materialübergabe ragte der Gipfel immer noch ein mächtiges Stück über uns empor. Wir werden da nie ankommen, dachte ich noch und krabbelte weiter dem Seil hinterher. Nie.

Nie?

Und dann, wie es bei solchen Touren einfach immer so ist, kam plötzlich ein Firnhang ins Blickfeld. Der Freund, der an einem großen Block sicherte. Im Hintergrund der Mont Blanc persönlich. Sind wir womöglich… wirklich… oben??? Ich konnte es ernsthaft nicht fassen, zwischenzeitlich war ich immerhin so fertig, dass ich bezweifelte, irgendwann überhaupt irgendwo anzukommen. Und dann waren es nur noch ein paar Schritte über einen gar nicht so schlimmen Firngrat und plötzlich ging es nicht mehr nach oben. Es ging einfach nicht mehr nach oben!

Aufstieg: Geschafft!

Wir hatten den Teufelsgrat geritten, bei Sturm und Eis, bei Mimimi und noch ein wenig mehr Mimimi. Und plötzlich blieb auch endlich Zeit zum Schauen. Der Mont Blanc war eingehüllt in eine hartnäckige Wolke, aber um uns herum…! Das Tal. Grün. Weit entfernt. Darüber zahllose Zacken, Grate, Türme. Dazwischen zerfetzter Gletscher, unendlich viel Gletscher. Es war zwei Uhr, wir waren nun 11 Stunden unterwegs. Das ist wahrscheinlich ziemlich langsam, aber immerhin waren wir oben, es war warm und das Wetter sah einfach herrlich aus.

Geschafft? Noch nicht.

Was dann folgte, war allerdings wieder etwas weniger herrlich. Ein Abstieg über den gut ausgetretenen zwischen Mont Blanc und Aiguille di Midi, eine Spur durch einen Irrgarten monströser Spalten und steiler Hänge. Mehr oder weniger direkt unter den Füßen: Chamonix. Trust your feet. Füße auseinander. Die meisten Unfälle passieren im Abstieg! So waren wir nach ungefähr einer Stunde am tiefsten Punkt. Erste Etappe des Abstiegs geschafft.

Jetzt geschafft? Immer noch nicht.

Der unfassbar lange Hatsch durch das ganze Gletscherbecken unterhalb des Taculs dauerte sicher nochmals so lange und endete wieder am tiefsten Punkt zwischen Pointe Helbronner und Aiguille du Midi. Es war wohl irgendwas gegen vier oder fünf Uhr. 13, 14 Stunden unterwegs und der letzte Akt folgte erst noch: Der Gegenanstieg zum Zelt durch ein hoffnungsloses Spaltengewirr. Laut Karte irgendwas in Richtung 200 Höhenmeter. Vielleicht 150, ich war selbst zum Höhenlinienzählen zu erschöpft.

Noch ein letzter Akt

Wir hatten von oben eine seichte Spur durch das Spaltenmonster ausmachen können. Sollte die Sicht passen, wären wir womöglich tatsächlich bald am Zelt. »Bisher bin ich da noch immer durchgekommen!« sagte er noch, während ich mir mein zweites »Power-Gel« des Tages gönnte. Das Ergebnis: Er hatte Recht und das Gel gab nochmal volle Power. Viel schneller als erwartet durchquerten wir die Spaltenzone, es wurde flacher und flacher und plötzlich, ich konnte es wieder nicht fassen, sahen wir unser rotes Zelt. Unsere Homebase. Der Schlafsack. Das Abendessen. Der Schlafsack. Schlafen… Schlafen!

Essen, schlafen, trinken, ess…

Die Sonne wärmte, wie man es sich nach solch einer Tour nur wünschen kann, wir schmolzen Schnee im Akkord und saßen etwas später beim Abendessen. Ravioli mit Tomatensoße. Schmecke erwartungsgemäß unübertreffbar gut, wobei ich mich an die letzten Löffel kaum noch erinnere, denn ich muss wohl mehr oder weniger beim Essen eingeschlafen sein. Er ebenso und so wachten wir nach gut zwölf Stunden erst wieder auf. Die Sonne schien, es war warm und windstill. Ein Traumtag für den Grat. Ein Traumtag für diese Gegend. Hatten wir wirklich gestern den Teufelsgrat gemacht? Ich konnte es immer noch nicht fassen.

Danke

Bei der Tour gab es multiple Momente, in denen ich einfach dankbar war. Erstmal natürlich dankbar für diesen Typ, der mit so einer Souveränität und Gelassenheit solche Touren unternimmt. Dankbar für die hervorragende Tourenbeschreibung von Stefan Stadler auf alpenvereinaktiv.com, dankbar für Mountain Equipment, Petzl und Lowa, die erst kürzlich noch so spontan essenzielle Ausrüstungsgegenstände bereitstellten, dankbar vor allem auch für PowerBar, die mir mit ihrem Gel unerwartet Kraft rüberbeamten, dankbar für die abgefahrenen Hybrid-Steigeisen und den Leicht-Pickel von Petzl, die den Rucksack einfach nochmal ein wenig leichter gemacht haben (die Steigeisen gibts übrigens hier gerade zu gewinnen) und für Julbo, die uns inzwischen ohne es groß zu wissen, beide mit sehr guten Sonnenbrillen ausgestattet haben. Danke in dem Fall auch an all die Leser, die diesen Blog und solche Erlebnisse unter der Woche überhaupt erstmal ermöglichen. Und nur für den Fall, dass es noch nicht ganz deutlich wurde: Danke an diesen sensationellen Typ, ohne den ich diesen Grat ziemlich sicher niemals erleben hätte dürfen. Ich geh dann mal noch ne Runde dieses Leben und diesen Mann feiern.

 

Diese Ausrüstung war dabei:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)

…muss man aber nicht (Galletgrat, BEO Teil 2)

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Ein Grat aus Fels und Schnee. Oder sollte man sagen: Aus Tauen, Ketten und Stahlseilen und ansonsten vor allem viel Luft unter den Sohlen?

Der Galletgrat. Ein »Pendant zum Biancograt«, sagen die einen, »einer der schönsten Grate der Berner Alpen«, sagen die anderen. Ich persönlich fühlte mich eher irgendwo zwischen Klettersteig und Höhenangst-Trainingslager. Nahezu alle Felspassagen sind durch dicke Taue, noch dickere Ketten oder glänzende Stahlseile entschärft, die wenigen Meter, die übrig bleiben, verlaufen in schottrigem, plattigem Fels mit vereinzelten Sicherungsstangen.

Das sogenannte »Leichentuch« war deutlich weniger ausgesetzt, als es auf Bildern vermuten lässt, dafür ist der Grat oben durchaus kompromisslos: Queren in steilem Firn, nur hin und wieder geht es direkt nach oben. Bei aperen Verhältnissen dürfte der Spaßfaktor gegen Null, das Wadentraining dafür immens sein. Die letzten Meter zum Gipfel führen erwartungsgemäß nicht »in« dem von weitem schon sichtbaren Felsaufschwung, sondern über eine meterlange »Strick«Leiter aus Stahl, gekrönt von weiteren Metern an Drahtseilen.

Ausgesetzt bleibt’s trotz der Seile

Keine Frage, der Grat wäre ohne Versicherungen locker im sechsten Grad zu Hause und damit deutlich(st) weniger begangen. Mich würde allerdings interessieren, wer die Entscheidung trifft, einem Berg seiner alpinistischen Herausforderung zu berauben. Natürlich bleibt der Firngrat oben weiterhin ausgesetzt (und damit nicht mein Ding, was sicher auch in meine Wahrnehmung einfließt), aber der Reiz der früher sicher sehr schweren Route ist verflogen. Die Fründenhütte zieht daraus einen essenziellen Vorteil, aber wer nicht gerade seine Lieblingssport in der Seilakrobatik gefunden hat, der wird am Galletgrat kaum interessante Kletterstellen finden können.

Diese Ausrüstung war dabei:

Sensationelle Aussicht

Die Aussicht hingegen hinunter auf den 2.000 Meter tieferen Öschinensee, hinüber auf das Gras- und Seenvorland des Berner Oberlands sowie rundum auf die unzähligen Viertausender von Mont Blanc bis Eiger ist allerdings tatsächlich phänomenal. Ebenso die Bewirtung auf der traumhaft gelegenen Fründenhütte. Der Sonnenuntergang über den Grasbergen, im Rücken die wilden Gletscher, zu Füßen der friedliche See… und im Ohr das Alphornspiel des sympathischen Hüttenwarts. Und auch die ebenso schön gelegene Doldenhornhütte bietet eine willkommene Pause auf dem 2.500-Höhenmeter langen Abstieg zurück nach Kandersteg. Wegen der Aussicht und der Bewirtung lohnt sich die Tour also allemal, nur nicht unbedingt wegen der Kletterei im Fels.

Die Bilder ohne Ulligunde-Logo (also nahezu alle, ich war irgendwie anderweitig beschäftigt…) stammen von Ralf Gantzhorn. Vielen Dank an dieser Stelle an die Pächter der Fründenhütte für die perfekte Bewirtung und vor allem an den geduldigen Philipp, der wahrscheinlich schon sehr, sehr lange nicht mehr so langsam in den Bergen unterwegs war 😉

Warten ohne Aussicht (Arbengrat/Obergabelhorn)

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»Anspruchsvollste«, »schönste«, »lange« Tour, »bester Fels« von ganz Zermatt… Die Superlativen lasen sich interessant. Auch die Wettervorhersage ließ sich sehen: Zwölf Stunden Sonne, keine Spur von Gewitter, mehrere Tage lang. Statt dieser Versprechungen bekamen wir: Nebel, Wind, hoffnungslosen Stau und einen entnervter Abbruch.

Weil seine Fingerverletzung weiterhin kein ordentliches Klettern zulässt, musste irgendetwas anderes her. Das Wetter wurde einfach zu gut! Wir einigten uns auf die Kombi Arbengrat (Obergabelhorn) und Rothorngrat (Zinalrothorn), immerhin sagte zu letzterem niemand Geringeres als Ralf Gantzhorn, dass der das Schönste war, was ihm jemals untergekommen sei. „Wenn ich nur einen einzigen Gipfel dieser Alpen besteigen dürfte, es wäre das Zinalrothorn über den Rothorngrat“. schreibt er in dem Buch »Himmelsleitern«. Der Mann muss es wissen. 

Matterhorn, Matterhorn!

Nach den ersten Kopfschüttlern über das Treiben in diesem Tal flüchteten wir endlich zu Fuß aus Zermatt. Wir wählten den Höhenweg, der zwar mehr Aufstiegsmeter, aber dafür auch eine schönere Aussicht versprach. Schöne Aussicht ist aber immer subjektiv, denn den Blick über endlose Liftanlagen und kaputten Ex-Gletscherhänge muss man wohl einfach mögen. Aber klar, das Matterhorn. Das Matterhorn! Das hatte man zumindest immer vor der Nase. Ein schöner Berg.

Harscher Empfang

Nach einigen Stunden kam das Obergabelhorn in den Blick, auf den letzten 800 Höhenmetern sahen wir immer wieder einzelne Seilschaften zum Biwak aufsteigen. Naja, ein paar Seilschaften an einem Montag, das passt schon! Wie naiv. Die letzten Meter über den Klettersteig zum Biwak liefen wir auf eine weitere Gruppe auf, von der einer plötzlich Gas gab und zum Biwak eilte. Will der etwa Betten reservieren?

Tatsächlich. Aber auch er kam zu spät. »Wer zu spät kommt, schläft draußen!« so der Willkommensgruß eines Kollegen. Ach wie nett. Bisher waren wir rund 20 Personen, bei 15 wirklich breiten Matratzen wäre das mit etwas Wille überhaupt kein Problem gewesen. Das erste Mal während dieses Ausflugs dachte ich daran, einfach umzukehren. Mit solchen Leuten am Grat? Ist es das wert? 

Auch nette Menschen

Wir kochten erstmal, entdeckten ein Pärchen, das ich an der Wildspitze kennen gelernt hatte. Nach ein paar Sätzen wurde klar: Auch die Jungs kennen sich über Ecken. Wie selbstverständlich überließen sie uns eine ihrer Matratzen. Ein erster Lichtblick. Die zwei hatten die Südwand vor, eine äußerst sinnvolle Idee in Anbetracht von gut zehn Seilschaften am Arbengrat. Wir hatten dafür aber nicht genügend Ausrüstung und schmiedeten den Plan, einfach eine Stunde nach den allerletzten los zu gehen. Das Wetter sollte bis abends ideal sein, was sollten wir uns stressen. Und so wäre es schon wärmer.

Ein Frühstücksei bitte!

Morgens um vier begann das Chaos, bis um sechs hatten auch die laut plappernden Spanier das Quartier verlassen. Zeit für uns, allein im Biwak erstmal gemütlich mit Nutella, Marmelade (an der Ausstattung lässt sich wirklich nicht meckern!), ein paar Tassen Tee und ein bisschen Nusszopf zu frühstücken. Der Blick aufs Matterhorn im Morgenlicht konnte schon was!

Steinschlag, Stau und Nebel

Gegen sieben starteten wir gemütlich, eine Stunde später überlebten wir unversehrt den Brockenhagel, den die oberen Seilschaften auslösten. Eine weitere Stunde später kam, was wir mit dem späten Start umgehen wollten: Stau. Und was für einer. Windgeschützt hinter einem Block warteten wir eine gute weitere Stunde, bis auch die letzte Seilschaft an einer der Schlüsselstellen herumbastelten. Aussicht gab es keine zu genießen, Nebel hüllte den Gipfel zuverlässig ein.

Eigentlich genüssliche Kletterei

Irgendwann verließ uns die Geduld, ich setzte zum Überholen an. Die Kletterei war herrlich, hier ein Friend, dort eine Schlinge und immer, wenn der Gurt komplett leergeräumt war, Wechsel der Führung. Recht unvermittelt standen wir am Gipfel, der ohne den Nebel wahrscheinlich ein wirklich traumhafter Aussichtsberg wäre.

Mal wieder warten

© Michi D.Während wir eine weitere Stunde im Windschatten aufs Abseilen warteten, stiegen Martin und Valerie gerade aus der Südwand aus. „Unten gut, oben brüchig! Und teilweise ganz schön harte Vierer!“, meinte der Bergführeranwärter. Zur Ermunterung gab’s eine Hand voll aus unserer prall gefüllten Futtertüte, bevor wir uns endlich auch ans Abseilen machen konnten. Oder es zumindest versuchten, denn auch hier herrschte an jedem Stand Stau. Warten im Wind. Im Nebel. Toll dieser Viertausendertourismus.

© Michi D.

Und plötzlich kamen wir voran

An der Firnschneide ging’s vorbei an den Steigeisen schmeißenden Spaniern, am folgenden Felszacken überholten wir zwei weitere Kollegen, die Wellenkuppe bot einen surrealen Anstieg im halben Whiteout, die Abseilerei hinunter gelang ohne Stau plötzlich endlich effizient.

Und plötzlich gar mit Sicht!

Mit den ersten Schritten auf dem Gletscher in Richtung Rothornhütte konnten wir das erste Mal seit sechs Stunden wieder etwas sehen. Vorbei an imposanten Riesenfelsklötzen, die erst kürzlich (womöglich heute?) aus den Flanken der Wellenkuppe auf unseren Weg gepoltert sein müssen, ging es in einer letzten Etappe bis zur Rothornhütte.

Wollen wir das nochmal?!

Zeit, unseren Plan zu überdenken. Nochmal so ein Chaos? Wollen wir das? Das Wetter würde angeblich perfekt werden, aber haben wir noch Lust? Eine Tour nur zu machen, damit man sie gemacht hat? »Weil wir schon mal da sind«? Nein! Wir wollen klettern, nicht im Stau stehen. Sicher, wir hatten einfach auch Pech mit dem Wetter, aber dieser Stress war der gleiche wie damals am Grundschartner. Da bleibt keine Freude, nur das Häkchen hinter einer weiteren Tour. Für uns kein Antrieb. »Wir steigen ab«.

Von 4000 auf 1.600

Valerie und Martin haderten ebenfalls, entschieden sich aber – sicher ebenso richtig – für die weitere Tour. So verschenkten wir unsere Hüttenreservierung, packten unsere Sachen und stiegen die restlichen 1.600 Höhenmeter zurück ins Tal. Ein völlig überteuertes Crêpe und einige surreale Zermatt-Eindrücke später saßen wir wieder vor unserem Caddy, futterten, was das Auto so an Essen hergab und versanken in einen tiefen Schlaf.

Viertausender? Nein Danke.

Mit mehr Wetter- und Verkehrsglück ganz sicher eine schöne, abwechslungsreiche Tour. Für Leute, die entspannte Kletterei in der Einsamkeit der Berge suchen, aber wohl nicht wirklich das Richtige. Hätte man sich denken können, aber dazu fehlt uns wohl die Viertausendernormalweg-Erfahrung. Schade. Aber man lernt nie aus.

 

Diese Ausrüstung war mit dabei:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)

Mehr runter als rauf (Fußsteinkante)

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»Eigentlich solltest Du diesen Artikel nicht über den Aufstieg, sondern mal über den Abstieg schreiben«, denke ich mir, während wir Stunde um Stunde von diesem Felsklotz absteigen. »Werde ich vielleicht alt?«
Jetzt wo ich am PC sitze, denke ich mir nur: Wie soll man über etwas lockerflockig schreiben, wenn jemand nur wenige Stunden nach einem in eben jener Wand tödlich verunglückte?

Zeitsprung: Und schon wieder so ein Wochenende mit herrlichem Wetter. Er immer noch fingerlahm und weiterhin offen für alles, Hauptsache halt irgendwie raus. Mir gingen allerdings nach all den vielen Touren in diesem Sommer langsam die Ideen aus, er hatte für so einen Fall nicht mal welche. Was tun?

Bester Granit der Ostalpen

Eine Sache stand bei mir noch auf der »Liste«, irgendwie ein Überbleibsel aus früheren Tagen. »Eine der besten Granittouren der Ostalpen«: Die Fußsteinkante. Nachdem wir uns letzten Montag am Obergabelhorn so über die Massen aufgeregt hatten, war es garantiert eine gute Idee, a) an einem Samstag b) bei herrlichem Wetter c) in den Megaklassiker einzusteigen. Das war uns bewusst. »Wir werden einfach die ersten sein«, lautete daher unser Schlachtplan.

Wir werden die ersten sein

Statt der eigentlich wunderbaren Geraer Hütte zogen wir ein Biwak ein paar hundert Höhenmeter weiter oben vor. »Wir werden die ersten sein«: Wir meinten den Plan definitiv ernst. In Anbetracht der viel beschriebenen Schuttbänder war diesmal nämlich nicht nur der Stressfaktor »Stau« ausschlaggebend, sondern vor allem die Minimierung des Risikos.

Übertrieben früher Start

Um halb vier klingelte der Wecker, um halb fünf folgten wir unter einer leuchtenden Milchstraße bereits den Steinmännchen. Mit dem ersten Licht des Tages krabbelten wir am Rand des Gletschers über endloses Geröll: Weit ausholen und über den Gletscher queren oder direkt hoch? In Anbetracht der großen Spalten holten wir weit aus, sahen unten die ersten Stirnlampen die Verfolgung aufnehmen, gaben weiter Gas.

 

Wir sind falsch. Aber wie falsch?

Die ernsthaft steile Schneebrücke rüber zum Fels machte wach, die ersten paar Meter im Blockgelände direkt mal Laune. Der Spürsinn leitete uns auf der Suche nach der Einstiegsmarkierung etwas zu früh nach oben, womit wir die erste schwere Seillänge direkt mal umgingen. Na wenn das die Onsight-Rotpunkt-Ethikkomission erfährt!

Wichtiger – und zeitintensiver – war nun allerdings die Suche nach dem richtigen Weg. Knifflig, wenn nur die Stände eingerichtet sind. Der Meister kletterte mal links, mal rechts, wieder runter. Hm, sind wir wirklich so falsch?

Die Männchen unten kamen näher, inzwischen nicht nur die zwei, die den direkten Weg gewählt hatten und teilweise durch Spalten kletterten, sondern noch eine weitere, siebenköpfige Truppe. Hallo früher Vogel, heute sind wir sehr gerne Dein Wurm!

Ein seltsames Gefühl

Während ich noch Männchen zählte, stopfte er das Topo weg und verließ sich einfach auf seinen Spürsinn. Und lag natürlich wieder mal goldrichtig. Was für eine coole Socke er einfach ist! Ich hinterher, plattig, kalt. Vor allem plattig. Und kalt. Wieso eigentlich immer Nordwand?

Immerhin blitzte es am Horizont nicht mehr. Nachdem ich hier vor etwa zwei Jahren mit einem Kumpel schon einmal wegen Regen am Einstieg umdrehen musste, war für mich klar: Wenn wir hier jetzt noch einmal umdrehen, komme ich nicht wieder. Ich hatte ein seltsames Gefühl bei diesem Berg.

Er drei. Ich eine.

Wie das eben im Team Michi-Gunde so läuft, verballerte ich mein Material standesgemäß auf 60 Meter, während der dazu gut 180 brauchte.

Und trotz der genüsslichen Kletterei war da die absurde Anspannung, in die Schlüssellängen einzusteigen. »Hoffentlich schaff ich das!«. Er lachte liebevoll, als ich das sagte. Egal wie schwer, die schwerste Länge einer Route vorzusteigen flößt (mir) scheinbar einfach immer Respekt ein. Egal ob die drei am Obergabelhorn, die fünf am Fußstein oder die sieben in den Dolomiten. Der Kopf, die alte Sau.

Die schwerste? Die schönste!

(© Michi D.)Die Schlüssellänge kurz unterhalb des Gipfels war dann wie so oft mal wieder die schönste Länge überhaupt und nach einem professionellen Eiertanz in viel grausligem Schutt, den man einfach um jeden Preis nicht auf die nachfolgenden Seilschaften kippen will, schien uns plötzlich die Sonne ins Gesicht.

Mal wieder kein Gipfelkreuz, dafür ein Gipfelkuss und eine rasche Portion Müsliriegel. Und sofort runter, denn: In den Beschreibungen stand viel von ausgesetztem Schutt und Steinschlag.

 

Der Weg der roten Punkte

Wir folgten also dem allervorbildlichst markiertem Abstieg durch die ganze Südwestwand des Fußsteins. Rote Punkte, noch mehr rote Punkte, abseilen, rote Pfeile, Schutt, noch mehr Schutt, rote Punkte, Schutt… So ging das. Stundenlang. Stuuuundenlang.

Und als die Wand endlich vorbei war, kam, was am Fuß von Schuttwänden eben so kommt: Geröll. Also nochmal eine Weltreise durch Geröll und ohne weitere Umwege direkt auf die Terrasse der Geraer Hütte mit ihren sensationellen Wirtsleuten.

Genüsslich gemütlich

Es war Mittag und weil’s einfach so gemütlich war, ging das Mittagessen in den Kaffee über, bis wir uns schlussendlich doch noch aufrafften, endlich abzusteigen. 1.000 Meter später zupften wir unsere Räder aus dem Wald und sausten recht fröhlich grinsend vorbei an allen armen Wandersleuten, die a) diese Strecke raus hatschen mussten und b) da schon wussten, dass sie wohl in den Regen kommen würden. Wir hingegen wichen graziös den Sturmböen aus, die uns auf den letzten Metern zum Auto noch den Homerun zum ersten Regentropfen zu versauen wollten. Schafften sie nicht und so saßen wir mampfend und grinsend im Auto, als der Himmel seine Schleusen öffnete.

Ein unerwartetes Ende

Den Helikopter, der während unseres Abstiegs über dem Fußstein kreiste, hatten wir da schon wieder vergessen. Die zahlreichen Polizeiautos und der überhaupt ungewöhnliche Verkehr für so ein Ende der Welt verwunderten uns, aber naja, hoffentlich nur ein Kreislaufproblem. Ein Tag später war dann klar, dass es ernster war. Viel ernster. Tödlich, um genau zu sein. Ein zwiespältiger Abschluss einer Tour. Während die Kletterei eigentlich tatsächlich schön war, ist es nun doch wieder nur ein Häkchen im Tourenbuch mit gemischten Gefühlserinnerungen.

 Diese Ausrüstung war mit dabei:
(Die ganze Übersicht gibt’s hier)

Facts zur Tour (26. August 2017):
Der Gletscher ist komplett aper, die Spalten teilweise groß. Wir sind im Aufstiegssinn bis auf 2.900hm links des Gletschers über Geröll und Toteis weglos hochgeasselt und anschließend zum Einstieg gequert. Das ging gut und scheint deutlich empfehlenswerter zu sein, als den direkten Weg zu nehmen („nochmal würde ich das nicht machen“, so der Kommentar der nachfolgenden Seilschaft).  Die Schneebrücke zum Einstieg ist momentan sehr steil und erfordert definitiv Steigeisen und Pickel. Anschließend über leichte Kletterei hoch aufs Band und dort bis zu den Bohrhaken gehen (wenn die denn dort irgendwo sind. Sie müssten in Falllinie etwas rechts vom markanten, großen Überhang sein. Den haben wir direkt überklettert, ob das so richtig war, wissen wir nicht. Hat aber gut geklappt, war nur etwas brüchig). Anschließend dem leichtesten Weg folgen. Als hilfreich hat sich das Wandbild hier (via bergsteigen.com) erwiesen, das Topo von Markus Stadler stimmte bei uns von den Schwierigkeitsgraden und der Linienführung etwas besser als das von bergsteigen.com (zumindest war SL8 sicher keine 5-)). Die Routenfindung ist mit Gespür gut machbar. Die Meter vom letzten Stand zum Gipfel liegen die Brocken nur noch lose auf. Im Sinne der nachkommenden Seilschaften besser ohne Seil und mit größter Vorsicht zu gehen. Der Abstieg ist extrem gut mit roten Punkten und Pfeilen markiert (die blauen Markierungen sind die alten). Es finden sich immer wieder Abseilstellen, die für routinierte Berggeher aber nicht unbedingt nötig sind. Insgesamt extrem viel Schutt im Abstieg, der nur darauf wartet, nach unten befördert zu werden. Der Grat zum Olperer wurde ebenfalls an dem Tag gemacht und für gut befunden.

 

Bloggertreff alpin (Hochtourenkurs Obergurgl)

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Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit als Hochtouren-Anfänger: Diese Faszination für Gletscher. Der Respekt, den man vor ihnen hat. Und die Verlockung, auch einmal Steigeisen anzuhaben und in diese wilde, ursprüngliche Alpinwelt einzutauchen. Oft fehlt es an den passenden Tourenpartnern im Freundeskreis, die einen bei so etwas mitnehmen. Ein Hochtourenkurs ist da die Alternative, nicht nur um die Techniken kennen zu lernen, sondern vor allem auch, um Gleichgesinnte zu treffen. Wenn dann noch Doppelbett, Sauna und Verpflegung eines Vier-Sterne-Hotels im Preis inbegriffen sind? Umso besser! 

//Fünf von uns Alpinbloggern (Liste und Links zu deren Artikeln siehe unten!) durften dieses Event begleiten. Vielen Dank für die Einladung!//

Anfänger-Hochtour par Excellence

Hohe Mut Liebenerspitze HochtourSonntag. Verquere Welt: Während der fertig gepackte Hochtourenrucksack an der Türe lehnt, gibt es drinnen Rührei, Birchermüsli und Cappuccino. Die Augen sind nicht klein, die Stimmung nicht wortkarg und nervös wie normalerweise kurz vor Start der Hochtour, sondern völlig entspannt und ausgeschlafen. Kein Wunder, die Sonne ist schon seit Stunden am Himmel, als wir mit der eigens für uns früher eingeschalteten Bergbahn nach oben schweben.

So schön!

Zustieg Liebenerspitze RotmooskopfWährend unsere Blogger-Rasselbande in herrlichem hochalpinen Gelände zur Gletschermoräne schlenderte, wanderte der Blick rund herum: Was für eine wunderschöne, wilde Gegend! Und im Gegensatz zu den berühmten Ausbildungsstützpunkten wie Taschachhaus und Co. waren wir die einzigen im ganzen Tal. Ein Moment zum Innehalten. So schön!

…Aber nur kurz, denn gleich ging es weiter. Drei der insgesamt sechs Gruppen hatten sich bereits gestern für die Überschreitung der Liebenerspitze entschieden – eine Tour, die von allem ein bisschen bietet, aber nie ganz schwer wird. Inklusive herrlicher Aussicht bis weit nach Südtirol und vor allem samt Doppelgipfel mit sympathischer Höhe: 3399 Meter ragt die höhere der zwei Erhebungen in den Himmel.

Grat Liebenerspitze leichte Hochtour

Liebenerspitze: Ideale Anfänger-Hochtour

Während eine weitere Gruppe den deutlich einfacheren Rotmooskogel ansteuerten wanderten wir über den bereits leicht angefirnten Gletscher. Eine spannende Querung durch steilen Schnee später standen wir am schuttbedeckten, breiten Gratrücken, der plötzlich den Blick nach Südtirol enthüllte. Marmolada, Langkofel, Ortler, Hochwilde – alle standen sie da! Das Staunen war groß, nicht nur bei jenen Teilnehmern, für die bereits hier ein neuer Höhenrekord erreicht war.

 

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Diese Tour fand im Rahmen der SAFETY ACADEMY von Ortovox in Obergurgl Ende Juni 2018 statt.
Alle Infos zur Veranstaltung gibt es hier.*
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Lowa Hochtour Stiefel Ortovox

Abwechslungsreich

Aber nicht nur die Begeisterung war stark, sondern vor allem auch der Wind. Dick eingepackt ging es am Seil durch zunächst bröseliges Schuttgelände hinauf, die letzten Höhenmeter verliefen dann in mehr oder weniger festem Blockgelände, das bei so manchem Schritt Schwindelfreiheit erforderte. Aber kein Problem, die Bergführer gaben Acht und so standen wir bald am Vorgipfel der Liebenerspitze. Wieder ein neues Panorama, nochmals ein neuer Höhenrekord.

Hochtour Obergurgl Liebenerspitze

Der Hauptgipfel kam bereits in Sicht, erforderte aber nochmals schöne Kletterei  – dank einer Gesteinsader kurioserweise plötzlich im Kalk, anstatt wie sonst hier üblich im Gneis. Das Plateau rund um das Gipfelkreuz war klein, der Tiefblick umso größer. Eine wahnsinnig schöne Aussicht, trotz des etwas diesigen Wetters.

 

Nicht trödeln!

Gipfel LiebenerspitzeAllzu lang war die Pause jedoch nicht, denn das »nicht trödeln« ist durchaus auch eine wichtige Fähigkeit auf Hochtouren. Die erste Gruppe machte sich bereits fertig zum Abstieg und balancierte über den schmalen Firngrat hinunter. Ein gruseliger Anblick irgendwie. Am Ende entpuppte sich der Grat aber wieder als nicht ganz so schlimm (aber eben auch nicht ganz trivial!) – mit Höhenangst aber sicher eine Herausforderung.

Nach Firn kommt Eis

Wer jedoch meinte, nach dem Grat seien die Herausforderungen vorbei, der irrte. Über eine teilweise recht steile Firnflanke ging es in Richtung Gletscherbecken, der Schrund musste bereits mit einem beherzten Schritt übergangen werden. Nach einer kurzen Erholungsphase im flachen Gelände folgte die letzte große Hürde: Mit sauberer Steigeisentechnik stapften wir eine apere, steile Flanke hinab. Immer wieder unangenehm, speziell wenn mehrere Leute mit unterschiedlichem Tempo am Seil hängen. Aber auch das klappte und so durfte ab dem Gletscherrand jeder mit seinem ganz eigenen Tempo den bereits bekannten Weg zurück ins Tal gehen.

Mit Highspeed ins Tal

Wanderung Gletscher Hohe Mut AbstiegGehen? Während ich noch von Bergschuhen auf leichte Laufschuhe wechselte (immer wieder ein Fest, den Talhatsch mit leichten Schuhen zu absolvieren!), waren die meisten bereits außer Sichtweite. Bis alles verpackt und die sagenhaft schöne Landschaft fotografiert war, stand ich plötzlich ganz allein in diesem herrlichen Tal – offensichtlich waren viele der Teilnehmer fitte Läufer oder hatten es aus anderen Gründen eilig.

Staunt denn keiner mehr?

Ein eigenartiger Moment. Ich war irgendwie… verwirrt! War ich wirklich so langsam? Oder ist die nächste Generation einfach noch viel fitter? Werde ich alt? Und warum ist hier kein einziger, der zurückfällt, einfach weil er  – wie ich – immer wieder stehen bleibt, um diese unfassbar mächtige Gletscherwelt zu bestaunen?

Es ist doch gerade dieser Moment, der so intensiv ist: Wenn man zurück schaut und weiß, dass man gerade eben noch dort oben war. Diese Kontraste – dort weiß
Anfänger Hochtour Ötztalund kalt, hier unten grün und warm. Dort oben:
anspruchsvoll und konzentriert, während hier unten die Anspannung abfällt und pure Freude ins Herz schleicht.

Ist es nicht dieser Moment, in dem man Kopf schüttelnd seinen Partner anlacht, sich in die Arme fällt, stolz auf seine Leistung ist und dankbar für dieses Leben? Mit einem verwirrten Herz schlenderte ich zurück ins Tal. Blöder Zufall? Dynamik einer Gruppe? Oder eine neue Generation der Bergsteiger?

 

Facts Liebenerspitze: Eine gute Anfänger-Hochtour

Die Überschreitung der Liebenerspitze ist eine abwechslungsreiche Hochtour, die von allem etwas bietet. Aus meiner Sicht macht sie in der Richtung West-Ost Sinn, weil man dort zumindest über ein paar Meter Felsklettern (gefühlt maximal II, teilweise etwas ausgesetzt, kann alles umgangen werden) kann. Unbedingt vorsichtig die Griffe prüfen, der Fels ist nicht immer fest!

Ausrüstung: Gletscherausrüstung (speziell am Gaisberggletscher hat es Spalten!). Nachsichern von weniger erfahrenen Tourenpartnern am ehesten noch über Köpfl.

Diese Ausrüstung war in meinem Fall dabei:

 

Die SAFETY ACADEMY (»Hochtourenkurs Obergurgl«)

Hochtourenwochenende Anfänger Obergurgl HochtourFür Anfänger, die die ersten Schritte am Gletscher versuchen möchten und es insgesamt einfach etwas gemütlich haben möchten, ist die Safety Academy in Obergurgl definitiv ein Gedanke wert. Der Zustieg zum Gletscher findet per Bergbahn statt, sodass viel Zeit zum Üben bleibt. Direkt am zweiten Tag wird das Gelernte im Rahmen einer Tour angewendet, die an das Können der Gruppe angepasst ist – die Möglichkeiten reichen von einfachen, aber dennoch herrlich aussichtsreichen Gletschergipfeln bis hin zu abwechslungsreichen Überschreitungen über Fels und Firnflanken. Dazwischen gibt’s exzellente Verpflegung, eine richtige Dusche und ein gemütliches Bett für sich alleine. Alles ein bisschen entspannter eben! Und wer noch nicht überzeugt ist: Einen Rucksack vom Sponsoring-Partner ORTOVOX gibt’s noch gratis oben drauf.

Hochtour ObergurglWenn also jemand von Euch die Faszination für Gletschertouren in sich trägt und gerne in zivilem, entspannten Umfeld übernachten möchte, dem sei die Safety Academy in Obergurgl empfohlen. Und vielleicht behält ja der ein oder andere im Kopf: Es ist ein Privileg, in dieser Landschaft unterwegs zu sein – das kann man sich kaufen, im Falle der Safety Academy sogar für vergleichsweise sehr wenig Geld. Es ist aber auch ein Privileg, diese Landschaft überhaupt noch miterleben zu dürfen, denn die Gletscher werden verschwinden. Nehmt Euch Zeit zum Genießen und zum Staunen. Die Landschaft ist es so sehr wert.

Alpin Blogger Berg Hochtour

Die Alpinblogger

Danke an der Stelle an die lieben Bloggerkollegen, die nicht nur Seil, sondern auch Tisch, Essen und Bier geteilt haben! Die idealen Fotomodells von You Are An Adventure Story, der Kopf-voraus-aus-der-Komfortzone-springende Robert von VitaminBerge, der fotografierende Dennis von abenteuersüchtig.de, Taxi-Gregor von Jäger der Berge,  Grinse-Thomas von Mehr Berge und natürlich Schlummifix persönlich. Es war mir eine Freude!

* Werbung. Ich war als Fotograf engagiert, der Blogartikel entstand freiwillig.

Der Hochtourenkurs in Obergurgl in Bildern:
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Genussnussnuss (Litzner-Seehorn-Überschreitung)

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Ungewöhnlich. Diese Ruhe in mir. Keine Bedenken. Keine Nervosität. Da ist nur eines: Pure Vorfreude. Das wird so gut, denke ich mir, während die Milchstraße über unseren Schlafsäcken funkelt

Wandererin Kuh Berge WandernEs gibt diese Menschen, bei denen man endlos quatschen und man einfach man selbst sein kann. Und es gibt diese Touren, die man »irgendwann auch mal« machen will:

Die »schönste und längste Überschreitung der Silvretta« klingt zwar irgendwie nach Superlativ-Eskalismus, aber wenn das eine – also die Bonnie – mit dem anderen – also der Litzner-Seehorn-Überschreitung – zusammenfällt und dann auch noch stabiles Wetter und ein Sternschnuppenfeuerwerk (Plejaden) sich dazu gesellen, dann ist mal eines sicher: Die große Kamera muss mit.

Wunderschöne Silvretta

Wegmarkierung WandernBiehlerhöhe. Silvretta: Irgendwann am späten Nachmittag schlappen wir am Ufer des Stausees in Richtung Klostertaler Umwelthütte. Am anderen Ufer war ich gemeinsam mit dem Casi schon einmal unterwegs zu einem Gipfel, den ich bis heute als besonders schön in Erinnerung habe: Die Dreiländerspitze. Wir aber wollten ins andere Tal – und waren mit diesem Plan scheinbar die einzigen. Umso besser. Diese Landschaft. Diese Ruhe. Das warme Licht der tief stehenden Sonne. Vielleicht sollte man viel öfter wandern gehen.

Biwak am See

Biwak Silvretta SeeZwei Stunden später verwarfen wir den Plan, oben am Grat zu biwakieren, zu sehr fetzten die Wolken über die Kante. Wir fanden einen ebenen Platz direkt neben einem kleinen See und blieben spontan einfach dort. Die kleine Sandfläche kam vor allem Bonnie gelegen, die Wilde hatte aus Platzgründen auf die Isomatte verzichtet.

Während wir noch die Erdnüsse mit der Zirbe zelebrierten, versank zuerst die Sonne hinterm Horizont und währenddessen die Landschaft um uns in dichten Wolken. Wird doch wohl das Wetter nicht umschlagen? Es wäre unpraktisch, so ohne Zelt…

Milchstraße Alpen SilvrettaWährend wir die letzten Nüsse knackten, tauchte plötzlich die Milchstraße aus den Wolken auf, kurz später auch die umliegenden Gipfel. Und während wir im Schlafsack unter Millionen Sternen lagen, jagte eine Sternschnuppe die andere, die Milchstraße zog gemächlich ihre Bahn durchs Himmelszelt. Ein Kampf mit den schweren Augenlidern, man würde noch viel länger staunen wollen

Keine Lust zu lesen? Hier gibt’s diesen Artikel auf die Ohren:

Litzner – Seehorn – Überschreitung from ulligunde on Vimeo.

 

Der nächste Morgen

Sonnenaufgang Silvretta SeeUnser kleiner See schimmerte im ersten Blau des Tages, als wir ihn verließen. Während wir uns mühsam das Geröllfeld emporschnauften, wurde es immer heller. Stahlblau war der Himmel, nur am Horizont einzelne kleine Wolken, die die Ankunft der Sonne verrieten. Bald erreichten uns ihre ersten Strahlen und wir etwas später den Grat. Allerdings an einer aussichtslosen Stelle, so wirklich richtig konnte das nicht sein. Hätten wir uns doch etwas genauer informieren sollen?

Leisten-Krallen zum Aufwachen

Steinmännchen Litzner Silvretta Sonnenaufgang PanoramaWir gingen der Nase nach und verdienten uns mit ein paar – wohl eher unnötig – anspruchsvollen Kletterzügen den Grat an einer anderen Stelle. Hinter uns tauchten erste Verfolger auf. Flinke Typen, vier an der Zahl. Die lassen wir passieren, wir haben’s heute nicht eilig!, murmelten wir uns zu, während wir unsere Brotzeit in der Morgensonne mampften und sie uns den wohl etwas geschickteren Weg hinauf auf den Grat präsentierten. Bald schon waren sie vor uns – und dann doch wieder nicht, auch sie machten Pause und schienen es nicht besonders eilig zu haben. Sympathisch!

Abseilen

Verwirrt

Wir warfen einen Blick in die Beschreibung, waren verwirrt. Erster Turm, zweiter Turm, Vorturm, Hauptturm… Den einen umgehen, den anderen überschreiten, einen abseilen… »Und Steinmänner zeigen den Weg«. Wir entdeckten anfangs weder Steinmänner noch Klarheit, welcher Turm nun welcher war und stiegen der Intuition und mit ihr dem einfachsten Weg hinterher. Goldrichtig, denn er führte uns direkt zur ersten Abseilstelle, mit der wir zum Einstieg der eigentlichen Kletterei kamen. Lustig, denn selbst bis wenige Meter vor dem Abseilstand checkt man einfach nicht, dass man noch gar nicht am Hauptturm unterwegs ist.

Traumfels!

Stand Klettern Schlaghaken Silvretta

Egal, die Kraxelei war schön und der Fels bombenfest. Die erste Seillänge überließ mir Bonnie mit einem etwas skeptischen Blick: Steil sah es aus, ja! Und von Haken keine Spur. Noch keine volle Überzeugung beim Trad-Newbie. Noch nicht! Dafür umso mehr Vorfreude am anderen Ende des Seils. Die Kletterei war grandios, der Fels schluckte freudig die vier Friends, die wir dabei hatten und nach wenigen Metern war auch schon der erste Stand erreicht. Zwei Bohrhaken, zwei Ringe, eine glänzende Kette. Wahnsinn – wo anders wäre man bei dieser Luxusaustattung vor lauter Entzückung schon komplett ausgeflippt.

Gipfel Gipfelkreuz Großlitzner Silvretta

Trahaumfels!

Unsere Verfolger rückten uns auf die Pelle, waren aber sympathische Jungs vom Walensee, die es auch weiterhin nicht eilig hatten. Oder wollten sie nur nicht selbst nach dem Weg suchen? Schwer war er nicht zu finden und Bonnie schwang sich mit dem Biwak-Rucksack elegant wie Ulligunde persönlich über den kleinen Überhang. Und dann?

So gut!

Klettern Silvretta Frau Alpin

Schlüssellänge! Sah nicht so richtig schwer aus – einzige Herausforderung war da eher sich zu entscheiden, ob man nun den wirklich einigermaßen geschickt versteckt Bohrhaken nimmt, oder stattdessen im Sinne der Seilführung doch dem Friend vertraut.

Es blieb beim Friend, bei einem doch nicht ganz so einfachen Zug in die Platte und einem hübschen Ausstiegsboulderchen über.., naja, »Dach« wäre dann wohl doch übertrieben.

Egal, Stand an zwei Schlaghaken – die Entzückung von vorher wich dem üblichen »hat bestimmt schon andere gehalten«.

 

Großlitzner Summit

Abseilen Petzl SeilEin bisschen Blockgelände, ein Schluck Enzian aus Schweizers Flasche und schon war der Großlitzner erobert. Es folgt, was an Gipfeln immer kommt – an den heutigen beiden ganz speziell: Abfahrt!

Oder genauer: Einigermaßen viele Abseilfahrten…

 

Pipi, plaudern, Päuschen!

Aufstieg Großes Seehorn Hintergrund GroßlitznerÜberraschend oft frei hängend ging es hinunter in den Sattel. Seil weg, Seil doch nochmal her – Abseilstelle übersehen – Seil wieder weg. Jacke aus, Jacke an, kein Wind, viel Wind. Pipi, Pause, gucken, plaudern und natürlich: fotografieren! Unvermittelt dann das Gipfelkreuz.

Auch hier wieder: Abseilen. Und zwar für Große, denn angeblich warteten acht Längen, bis man unten am Gletscher steht. Bis jetzt hatten wir Steigeisen und Pickel nicht gebraucht und wir hofften inständig, dass sich das noch ändern würde, einfach nur so fürs Ego.

Diese Ausrüstung war mit dabei:

 

Absausing

Großes Seehorn Gipfel MädelsseilschaftAcht mal abseilen bedeutete aber auch: Acht mal die Chance auf Verhänger und vor allem: Lange in potenziell steinschlaggefährdetem Terrain, speziell bei Nachfolgeverkehr. Wir verschoben die Pause auf später und huschten hinunter. Jeweils 20-30 Meter, flache Platten, kaum Verhängergefahr, perfekt eingerichtete Stände, alles äußerst easy. Nach der zweiten Fahrt hatten wir die Effizienz perfektioniert und standen wahrscheinlich in Rekordzeit unten im Schnee.

 

Abseilen Silvretta Seehorn Gletscher

Sterbende Gletscher

Steil. Unten blank. Schön, haben wir die Eisen also nicht umsonst mitgeschleift. Nicht so schön: Noch ein paar Jahre und dieser traurige Rest an Gletscher wird Geschichte sein. Wahnsinn, wir erleben hier eine fundamentale Veränderung unserer Alpen. Und fahren doch mit dem Auto jedes Wochenende zum Bergsteigen…

Eine halbe Stunde später am Sattel, links die Saarbrücker Hütte, rechts der Litzner – was für ein Horn! Will man glatt nicht glauben, dass wir da gerade noch oben standen.

 

Sterbende Lust

Bergsee SilvrettaVom Sattel folgte ein mühsamer Abstieg, belohnt mit gutem Kaiserschmarrn. Apfelstrudel. Radler. Kaffee. Skiwasser, zu wenig getrunken für die brutzelnde Sonne. Und dann? Das dicke Ende. Abstieg bis an die Bielerhöhe. Hübsche Seen, hübsche Wiesen, aber eben vor allem: Lang.

Soohooo

lang.

 

Hunger

Erschöpft Klettern Den Gegenanstieg versüßten wir uns mit wilden Vorstellungen, was wir heute Abend alles essen würden. Ein paar Stunden später: Ein lauer Sommerabend, warm, wolkenlos. Ein herrlicher Biergarten im Herzen des Allgäus. Kurz nach acht, lange noch hell. Ein perfekter Ausklang! Und dann die wohl brutalste Erfahrung dieses Wochenendes:

„Essen? Ne. Die Küche hat schon zu“.

 

 

Facts Litzner-Seehorn-Überschreitung

Eine richtig schöne Genusstour – super Fels, schöne Aussicht und keine allzu großen Herausforderungen. Die Wegfindung ist – hat man sich erst einmal davon verabschiedet, den »richtigen« Weg zu finden – einfach und in dem herrlich festen Fels auch kein Problem. Friends können an vielen Stellen eingesetzt werden, wir hatten insgesamt vier (BD C3/C4: #0.2, #0.4, #0.75, #1) dabei und waren damit gut bedient. Größer als #1 muss meiner Meinung nach nicht sein. Wir hatten ein 60 m Halbseil dabei, das wir zum Klettern und Abseilen doppelt nahmen. Hat super gereicht. Die Abseilpiste könnte man sicher auch gut mit 2x50m machen, erhöht aber halt doch immer die Gefahr von Seilverhängern, speziell in der ersten Länge. Nach unten hin wird’s immer plattiger. 1x50m ist etwas knapp, geht aber natürlich wie immer notfalls auch, die letzte Abseilstelle könnte dann spannend werden, kann aber laut anderem Bericht umgangen werden. Bei uns waren insgesamt etwa vier Seilschaften unterwegs, die aber nicht weiter störten. Wir waren im August unterwegs, da haben sich tatsächlich die Steigeisen bewährt. Pickel braucht’s dann eher keinen und es hätte wohl auch eine Steigeisen-Zugstiegsschuh-Kombi für routinierte Geher getan, wobei ein Schneefeld im Aufstieg knüppelhart gefroren war – da wären mit Zustiegsschuhen dann direkt mal die Steigeisen nötig gewesen. Das Blankeis kann man aber wohl notfalls auch etwas hässlich durch den Fels umgehen. Summa Summarum:

Ausrüstung für die Litzner-Seehorn-Überschreitung:

(Affiliate Links. Führen zu Bergzeit und dort zu den Produkten, die wir dabei hatten)

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Hochtour-Hike & Fly Obergurgl

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Einfach mal wieder ein Wochenende lang entspannen. Ein bisschen Sportklettern, ein bisschen Kaffeetrinken, vielleicht sogar ein wenig Gleitschirmfliegen? Womöglich gar… vom Gletscher? Ötztal also, wo sonst. Das wird Urlaub, so richtig URLAUB! 

leichter Bergschuh Gleitschirm LowaGenau drei Jahre habe ich ihn nun an meiner Seite – diesen Mann, der hier meist ohne Name auftaucht, weil er sich aus diesem Internetz nicht allzu viel macht. Seit drei Jahren verdreht er mir aber dafür umso ausgiebiger den Kopf.

Seit einem halben Jahr liegt zudem eine Einladung eines Hotels in Obergurgl auf meinem Tisch: »Kommt vorbei und macht eine Hochtour hier! Es gibt so viele Möglichkeiten!«. Und seit wenigen Monaten schlummert da in uns beiden ein Traum: Mal mit dem Gleitschirm vom Gletscher starten, anstatt stundenlang zurück ins Tal zu hatschen. Plötzlich fügte sich alles zusammen und wir standen am Sonntag zur Frühstückszeit mit einem mächtig breiten Grinsen auf der Wiese direkt vor dem Hotel. Aber von Anfang:

Back to the lovely roots: Kartenstudium!

Zirmkogel Gletscher ObergurglDas Gleitschirmfliegen erweitert die Berg-Möglichkeiten einigermaßen radikal – plötzlich zählen nicht mehr nur steile Wände oder potenziell gefrierende Wasserfälle, sondern auch ganz einfache Gipfel oder elende Talhatscher. Die »Hike&Fly« – Tourenbeschreibungen in besagtem Internetz halten sich bisher auch noch eher in Grenzen, was eine fast schon vergessene Gabe fordert: Kartenstudium! Welcher Gipfel ist oben flach, hat Gras oder Schnee? Ausrichtung? Steilheit? Geht es sich vom Gleitwinkel bis zur Landewiese aus?

Die Wahl fiel auf den Zirmkogel – knapp 1.500 Höhenmeter im Aufstieg, Tourstart direkt am Hotel, ein direkter Weg ohne Umwege, keine Schwierigkeiten und ein gefahrloser Mini-Gletscher, der dafür aber perfekt ausgerichtet war. Ideal für eine Sonnenaufgangstour. Unser Berg? Unser Berg! Den probieren wir!

Diese Ausrüstung war mit dabei:

Im See gespiegelte Gletscher

Obergurgl Nacht Gletscher SternenhimmelWie sich das für ein Jubiläum eben gehört, klingelte der Wecker mitten in der Nacht. Um fünf stiegen wir schon in gutem Tempo den herrlichen Bergpfad hinauf in Richtung Seenplatte. Die Lichter von Obergurgl leuchteten weit unten im Tal, während die Gletscher hinter uns langsam im ersten Licht schimmerten.

Nach einer Stunde erreichten wir die Seenplatte – allein das war ein Highlight für sich! Im ruhigen Wasser spiegelten sich die umliegenden hohen Gipfel, ein kleines Zelt stand am Ufer. Verlassen – die Insassen waren bereits auf dem Weg zum Grießkogel, wie sich später herausstellte.

Bedenken

Bergsee Spiegelung Gletscher Berge Obergurgl SeeNoch ein paar Minuten, und die Spitzen würden glühen. Wir aber wollten weiter, hatten tatsächlich eine noch wichtigere Mission als hier ein Traumfoto zu schießen. Ob es sich ausgehen wird mit dem Start? Wird der Gletscher womöglich komplett aper sein? Wird Wind aus der falschen Richtung aufkommen? Was, wenn vielleicht nur einer rauskommt? Es war mühsam und sinnlos sich groß Gedanken zu machen. Werden wir alles sehen, wenn wir oben sind.

 

Galerie Teil I:

Traumgegend

Weißkugel Wildspitze Gurgler ScharteImmer felsiger wurde das Gelände, der Horizont leuchtete violett. Während wir mit Händen in den warmen Hosentaschen über gefrorene Erde wanderten, ging hinter uns die Sonne auf und tauchte alles in leuchtendes Orange. Die Seen unter uns glitzerten im Morgenlicht, die Glocken der Schafe bimmelten entfernt. Ansonsten war es völlig still. Was für ein Traum.

Genuss-Hochtour

An der Gurgler Scharte eröffnete sich plötzlich der Blick auf zwei alt Bekannte: Die Weißkugel und die Wildspitze im Morgenlicht. Neben uns zog der hübsche Blockgrat hinauf auf den Inneren Grießkogel (auch Stockkogel), auf der anderen Seite in Richtung Zirmkogel (auch Stockkogel 😉 ). Einfach war das Gelände, in der Höhe aber dann doch etwas mühsam. Die kleinen Pfützen waren hart gefroren, der Neuschnee der vergangenen Woche ebenso.

Meer im Meer

Wir durchquerten ein Meer aus Urgestein – teilweise wirklich noch geschichtet, wie es die Natur ursprünglich geschaffen hatte – ein toller Anblick! Ebenfalls sagenhaft schön anzusehen war das Panorama in unseren eigentlichen Spielplatz: Die Konturen der Dolomiten schimmerten bläulich aus einem Meer aus Wolken. Man könnte es nicht schöner malen.

Am Gletscher

Gletscher Zirmkogel Obergurgl ÖtztalIrgendwann kam dann doch noch der Gletscher in Sicht – wir hatten uns auf Raten von Hotelbesitzer/ Bergretter/ Bergführer/ Landwirt/ Koch/ Vater Ronald tendenziell links gehalten, um möglichst spät auf den Gletscher zu kommen – er hat durchaus kleine Spalten und wir dafür kein Seil. An seinem flachen, schneebedeckten Rücken ging es aber völlig problemlos und auch die Steigeisen blieben ohne Frage im Rucksack.

Spannung

Liebesbrief

Dann der spannende Moment: Stimmt die Vorstellung aus der Karte mit der Realität überein? Tat es, und wie! Eine perfekt geneigte Rampe, immer steiler werdend, exakt in Richtung Obergurgl. Der Wind? Still, zumindest hier unten.

Wir huschten noch die letzten Meter zum kreuzlosen Gipfel hinauf und feierten nicht nur dessen Erreichen, sondern auch unsere drei Jahre. Wie cool, so einen Deckel gefunden zu haben!

Der Wind frischte auf und verblies die Romantik.
Starten!
Jetzt!

Es wird ernst

Zirmkogel Startplatz Gleitschirm ObergurglWindcheck zurück am Gletscher. Nicht ideal, aber auch nicht gruselig. Zwei Mal verblies ein leichter Luftzug den Schirm auf der aalglatten Gletscheroberfläche. Sicher ein Anfängerfehler, wir hätten die Oberfläche vielleicht platt trampeln sollen? Wir machten die fehlende Erfahrung mit Schnelligkeit wett, legten nochmals aus, warteten auf Windstille, hängten uns ein. Ein letzter Blick, ein »Du zuerst!« und schon rannte er davon. In der dünnen Luft muss man länger rennen, aber alles klappte easy und schon hing er an seinem Zeltstoff in der Luft. Und ein paar Augenblicke später: Wir beide. Der Start hatte geklappt, wir waren beide draußen!

Hang loose!

Gleitschirm Obergurgl Ötztal Gletscher StartplatzEin, zwei Freudenschreie hellten durch das Tal, während wir in herrlich ruhiger Luft die Landschaft genießen konnten. »Hang loose!« nennt Eki – unser Sicherheitstrainer – diese Position. Hände hängen lassen, einfach genießen. Das taten wir – die Aussicht war schlichtweg phänomenal. So ging es fröhlich spielend hinunter zur großen Wiese direkt unterhalb des Hotels, wo Ronald und seine Familie gespannt unserer Landung zuschauten.

Urlaub!

Hotel Alpenaussicht Obergurgl Frühstücks-Buffet Aussicht TerrasseEin paar Minuten später saßen wir vor einem liebevoll hergerichteten Frühstücks-Buffet auf der Terrasse in der Sonne – mit freiem Blick auf weiße Gletscher oben und eine goldene Herbstlandschaft unten. Breites Grinsen in unserem Gesicht, staunende Kinderaugen, die unsere Ausrüstung begutachteten und ein gut gelaunter Hotelbesitzer, der den letzten Tag seiner Saison genoss. Wir blieben lange, zu schön war es hier auf der warmen Terrasse nach den eiskalten Morgenstunden.

Rundum glücklich

Irgendwann lockten sie uns dann doch noch, die herrlichen Sportkletterfelsen des Ötztals. Der Sonnenaufgangsflug von unserem ersten kleinen Gletscherchen blieb aber trotzdem für viele Tage das Highlight im Kopf. Manchmal braucht es gar keinen Fels, um rundum glücklich zu sein!

 

Galerie Teil II:

 

Hike and Fly bzw. leichte Hochtour: Zirmkogel
(Obergurgl/Ötztal)

Einfache Hochtour, ideal auch für Anfänger. 3-4 Stunden Aufstieg, anfangs einfacher Wanderweg, ab der Seenplatte bis zur Scharte gut markiertes Geröllgekrabbel. Danach weglos aber logisch in Richtung Gletscher – wir haben uns dabei tendenziell links (Aufstiegssinn) gehalten, um möglichst spät den Gletscher zu betreten. Wer sich rechts hält, sollte ggf. mit Spalten rechnen. Keine echten Kletterstellen (max. mal kurz I), Trittsicherheit aber nötig.

Startplatz in Richtung  Süd-Ost, ggf Süd, nach Nord in Richtung Vent ginge wohl auch. Hangneigung ideal. Landeplatz entweder vorher mit dem Hotel absprechen (direkt vor der Terrasse, nur wenn gemäht!), ansonsten andere gemähte Wiese suchen. Vorsicht auf Leitungen, am Ortsende in Richtung Gletscher führt ein Stahlseil über das ganze Tal! Ansonsten: Viel Spaß und happy landing!

 

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Großstrubel via Engstligenalp (3243m)

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Ein Wochenende beim Bruder-Besuch in der Schweiz inklusive einer hübschen kleinen Hochtour auf den unbekannten »Großstrubel«. Fazit: Man muss eindeutig viel, viel öfter in dieses kleine Land. Wie schön es hier ist!

Ungewöhnlich! Eine Tour, die in dieser Weise im Internet nur eine Handvoll Beschreibungen hat. Der Gipfel bietet sich für uns aber trotzdem an – er ist der einzige Gletscherberg in der näheren Umgebung unserer kleinen Hütte. Wir verlassen uns auf unseren Spürsinn und ein paar Fotos, die wir im Internet gefunden haben.

Sonnenaufgang Engstligenalp

Genuss

Im ersten Licht des Tages verlassen wir die Hütte. Angenehme Ungewissheit im Bauch: So schwer kann es kaum werden, »WS« stand wo. Aber wer weiß? Der Bruder macht sich etwas Sorgen, hat’s noch viel weniger mit Ausgesetztheit als ich. Ich vertraue auf uns: Wir können das!

 

Ausgesetzt Grossstrubel Engstligenalp

Können wir auch!

Am Ende geht alles easy und wir stehen nach ein paar Stunden in herbstlichem Gras, steilem Geröll und beeindruckenden Spalten an diesem unbekannten Gipfel. Der Blick reicht dafür auf all – all! – die großen – an der einen Seite die Zacken des Berner Oberlands, dort hinten Bernina bis Matterhorn, ganz rechts das Mont Blanc Massiv.

 

Siesta

Gipfel Grossstrubel GeschwisterWir lümmeln. Haben keine Eile. Und auch keinen besonders großen Drive auf das, was jetzt noch kommt: Der lange Abstieg. Gehört halt dazu. Und lässt die Siesta unten in der Sonne sich umso verdienter anfühlen.

Einen Gleitschirm müsste man haben 😉

 

[Tourenbeschreibung und Co. nach der Bildergalerie!]

 

Diese Ausrüstung war mit dabei

Tourenbeschreibung und GPX-Track Großstrubel (Sommer):

Start ab Engstligenalp, auf ausgetretenem Pfad (erster Teil in Karten noch eingezeichnet) die Flanke zunächst durch Gras, später steiles Geröll hinauf. Der Pfad wird undeutlicher, reicht aber bis auf die Gletschermoräne auf ca. 2630m. Wenige Meter hinab zum Schneefeld und auf 2.800hm auf den Geröll-Balkon. Am Übergang Von Gletscher zu Geröll Vorsicht auf Steinschlag! Den Balkon quert man im oberen Teil, hier ist wohl die Schlüsselstelle: Eine kleine Stufe über sehr glattes – in unserem Fall vereistes Gestein. Ist aber wirklich nur ein Schritt, ein Bohrhaken hilft beim Sichern (weniger beim Klettern). Danach noch wenige Meter ausgesetzt zum Grat, auf diesem hinauf bis zum Frühstücksplatz (Steinmännchen). Hier nun abermals unterhalb der Felswand queren und auf den Gletscher (Spalten!). Erst bis zum Sattel hoch, links abbiegen und der Nase bis zum Gipfel folgen.
Ausrüstung:
Ich persönlich war froh über das Seil, so manche Spalte ist doch groß und die Brücken zur jetzigen Jahreszeit nur noch dünn. Hat aber natürlich trotzdem alles gehalten. Sowohl am Gipfel als auch am Sattel ideale Startplätze für all jene, die zufällig einen Gleitschirm dabei haben. Auf der Hochebene der Engstligenalp zudem idealer Landeplatz mit – dank an die Golfer – zahlreichen Windfähnchen.

Unsere Hütte ist hier (Hütte Engstligenalp) aufgelistet. Kein fließend Wasser, dafür Strom und absolute Ruhe. 15 min von der Bahn entfernt, 20 CHF pro Nacht, sechs Betten.

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Work and Fly (Mönch, Berner Oberland)

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Aletschhorn Berner Oberland GletscherSie brauchen Filmmaterial für ihren Vortrag. Arbeitsort: Mönch. DER Mönch. Und sie wollen niemanden sonst als mich. Ist heute schon Weihnachten?

Als Marlies und Andi von hochzwei.media mich im Sommer fragten, ihr Vortragsintro zu liefern, hatte ich zwei Gedanken:
1. Mega, was für eine Ehre!
Und:
2. Das ist so cool, das wird nicht stattfinden.

So ist das meiner Erfahrung nach oft mit coolen, nicht ganz einfach umzusetzenden Plänen: Sie kommen fast immer anders, als man denkt. Aber cool war die Idee allemal.

Ein Filmdreh am Mönch, Übernachtung in der benachbarten Mönchsjochhütte (immerhin die höchste bewirtschaftete Hütte der Alpen), anschließender Abstieg mit dem Gleitschirm. Kein allzu aufwändiger Dreh und noch dazu mit zwei erfahrenen Berg- und Flughasen. Kann nicht besser werden!

Wird nicht stattfinden…

Berner Oberland Wolkenstimmung RotDie Haken: Ich freute mich auf viele Komponenten dieses Planes, aber vor allem auf einen Flug von dieser mächtigen Gletscherwelt, vorbei an Eiger, Mönch und Jungfrau. Die Wahrscheinlichkeit, in dem kurzen Zeitfenster von etwa zwei Wochen einen Termin zu finden, bei dem sowohl Dreh- als auch Flugbedingungen gut sein würden, war natürlich klein.
Wird nicht stattfinden, ging mir immer wieder durch den Kopf.

Sagenhaft absurd

Fotoshooting Hochzeit GletscherUnd plötzlich standen wir in Interlaken am Bahnhof. Marlies und Andi – routiniert, was die Logistik an diesen Bergen angeht – überließ ich die Organisation und widmete mich ganz dem Staunen: Diese Berge sind doch immer wieder ein Erlebnis.

Mit der letzten Bahn ging es zum Mönchsjoch, auf planierten Pisten eine Stunde hinüber zur Hütte. Die durchlöcherte Felsnadel, die weniger Berg, viel mehr Bahnstation/Restaurant/Museum ist und das Hochzeitspaar mit Rollkoffer und HighHeels am Gletscher überrumpelte mich, obwohl ich es etwa so erwartet hatte. Und dann doch wieder nicht, die Absurdität dieses Ortes ist schwer zu fassen.

Schreckhorn Sonnenuntergang Berner OberlandAm Abend fröhliches Zusammensitzen, Drehplan besprechen, frühes Bett-Gehen. Der Wecker früh und doch nicht so früh, schließlich muss man von der Hütte aus nur zweimal umfallen und steht am Einstieg des zwei, drei-stündigen Aufstiegs. Es war klirrend kalt, eine feine Eisglasur überzog die Schlüsselstelle, die auf den ersten Metern wartet.

 

Kameramodus: ON

Filmdreh Gletscher MönchDas Bergsteigen trat für mich in den Hintergrund, mein Kameramodus war auf volle Kraft. Wir kamen ideal voran, erwischten einen Sonnenaufgang erster Güte an genau jenem Ort, den wir geplant hatten. Die Finger eingefroren vom handschuhlosen Fliegen der Kamera, das Herz fröhlich von diesem perfekten Zusammenspiel aus Natur, Protagonisten und Kamera. Findet das hier wirklich gerade statt!? 

Kurz vor dem Grat Mönch.Von dem Gipfelgrat war in der Hütte schon viel gemunkelt worden. Schmaler als sonst, ausgesetzt wie noch was. Voll im Kameramodus war mir der Gipfel nicht wichtig. Oder war es der Respekt vor der Ausgesetztheit und die guten Filmaufnahmen nur ein Vorwand? Ich schaute es mir kurz an, drehte gelassen um und kümmerte mich um gute Aufnahmen. Sie gelangen, das machte mich glücklicher als der Gipfelerfolg.

Bergsteigen Berner Oberland Gletscher HochtourBeim Umkreisen des Gipfels mit Marlies und Andi als einzige Menschen in dieser gewaltigen Landschaft hatte ich nur noch eine Sorge: No signal. Immer wieder brach die Verbindung zum kleinen Summsumm ab, die Angst, jetzt – wo so viel gutes Material schon auf der Speicherkarte war – das Ding noch in der Nordwand zu versenken, trieb mich um. Aber alles klappte und mit dem letzten Hauch von Akku landete die Kamera in meiner Hand.

Urlaub am Viertausender

Hochzwei.media

Der Abstieg gelang gemütlich, wenige Aspiranten kamen uns entgegen, das Wetter war mehr als perfekt. Den restlichen Tag holten wir den Schlaf der Nacht nach, drehten abends die letzten nötigen Szenen und probierten uns am Abend an der Wirkung von Wein auf dieser Höhe.

 

Das entstandene Material wurde u.a. dann auch von Lowa verwendet:

Gleitschirm-Flug vor
Eiger, Mönch und Jungfrau

Gleitschirm Startplatz MönchsjochAm nächsten Morgen dann mein ganz persönliches Highlight: Mein zweiter Gleitschirm-Flug von einem Gletscher. Vorfreude verdrängte Nervosität, ich hoffte mit allen Sinnen, dass Wind und Startplatz uns das Losfliegen ermöglichen würden. Die größte Herausforderung bis dahin war an diesem Tag aber sicher, überhaupt einmal den Weg durch den Irrgarten der Gipfelstation zu finden. Irgendwann spuckte uns das Tunnellabyrinth dann doch auf der richtigen Seite aus. Halleluja.

Gelingt auch noch das i-Tüpfelchen?

Gleitschirm Gletscher MönchWind? Null. Startplatz? Bei den letzten Schritten sollte nichts mehr schief gehen, sonst wartet der Abgrund. Aber sonst? Cool! Vorfreude und Spannung, ob es wirklich wahr werden würde. Zusammenreissen, um doch noch ein paar Szenen zu filmen, auch wenn sie für den Vortrag nicht nötig sein würden. Aber wer weiß, was aus dem Material noch entsteht…

Marlies war bereit, schaute noch ein letztes Mal zurück, rannte mit voller Kraft los und verschwand im Abgrund. Mir blieb der Atem für einen Augenblick stehen. Wenige Sekunden später erschien ihr Gleitschirm draußen in der Luft, er schwebte friedlich hinaus in die andere Dimension. Zwei Jubelschreie – einmal von ihr, einmal von uns. Andi und ich folgten, alles klappte einwandfrei.

Pures Glück.

Gleitschirm Pi2 Gletscher Mönch JungfrauIch fotografierte wie blöd, hielt aber immer wieder inne. Staunte. Zeit war genug, denn der Flug hinab ins Tal dauert lange! Eiger dort drüben, Jungfrau über mir. Mächtige, zerfetzte Gletschermassen weit unter mir, knapp darüber ein rot-weißer Schirm: Andi, der sich die Spalten noch etwas genauer ansah.

Ins Gurtzeug gefläzt, mit der Kamera griffbereit, wich die Anspannung des Morgens von »Werden wir starten können?« in pure Freude: »Es hat geklappt!!« Wir fliegen, es ist tatsächlich wahr geworden. Eine tiefe Dankbarkeit machte sich breit. Noch mehr, nachdem wir alle drei nach einem wirklich langen Flug wieder gesund am Boden standen. Morgens um halb zehn schon so ein breites Grinsen im Gesicht. Danke.

 

Diese Ausrüstung war für die Hochtour dabei:

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Vieles ist relativ (Skitour Wildspitze ab Vent/Ötztal)

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Lang. Oder doch nicht? Die Wildspitze als Tages-Skitour ab Vent im Ötztal checkt mit knapp 2.000 Höhenmeter im Aufstieg und 10 Kilometer Distanz zum Gipfel (bei mir) bei den echt großen Touren ein. Ein Tourenbericht einer langen, traumhaften Reise.

 

Ausblick Wildspitze Winter nach SüdtirolZweitausend Höhenmeter – speziell auf einer Höhe, in der mein Körper erfahrungsgemäß nicht mehr flink funktioniert – ist für mich eine Ansage. Für ihn nicht. Für andere auch nicht. Was also schreiben?

Es war einigermaßen klar, dass es klappen wird. Die größere Frage war eher: In welcher Zeit: Sehr früh los, im Dunkeln laufen, Puffer einplanen? Später starten, vom Tageslicht profitieren, womöglich gar von einer getretenen Spur, aber dafür im Pulk? Gibt es auf dieser Variante überhaupt einen Punk? Brauchen wir eine Spur? (Spoiler: Nein und nein)

Relativ früh los

Wildspitze Vent SkitourWir entschieden uns für den Mittelweg: 4.45 Uhr los – im Dunkeln durchs wenig hübsche Skigebiet und zum Sonnenaufgang an der Bresslauer Hütte – dem ersten Zwischenziel dieser langen Reise. Dürfte hübsch sein, so im Sonnenaufgang.

Es sind allerdings nicht nur Höhenmeter, die gemacht werden wollen, sondern auch rund zehn Kilometer Strecke. One Way. Mit Ski, dafür mit kleinem Gepäck. Das Seil packten wir doch ein, der Rucksack wirkte sonst glatt leer. Man weiß ja nie. Oder doch die Gleitschirme?

 

Die Skitour zur Wildspitze ab im Flug:

Relive ‚Wildspitze in a day‘

 

Einmal das gleiche zum Mitnehmen, bitte

Sonnenaufgang Ötztal Winter

Im Dunkeln kamen wir an, weder Webcams noch die Stirnlampe verrieten, ob man über die Piste aufsteigen konnte. Wir wählten sicherheitshalber den schneefreien Sommerweg, schnallten ein paar hundert Höhenmeter später in der ersten Dämmerung die Ski an die Füße.

Zwei andere Seilschaften starten kurz nach uns, schlugen aber beide den Weg zur Martin Busch Hütte ein. Wir blieben allein. Stundenlang auf der einen Kante dieses endlose Tal entlang laufen? Tauschen woll’n wir nicht. Dachten wir noch und bekamen prompt das selbe Menü serviert:

Der neue Tag beginnt

Sonnenaufgang Wildspitze Vent SkitourAuf hartem Untergrund ging es grad so ohne Harscheisen hinauf. Kehre um Kehre folgten wir der Skipiste, um uns schrumpften die schneefreien Flecken, das Panorama wuchs über sich hinaus. Der Horizont wurde lila, immer mehr Gipfel tauchten auf und später ein in ein sanftes Rosa.

Wir waren allein, nichts – aber auch gar nichts – war zu hören. Vom Herumeiern auf dem schrägen Untergrund spürte ich erste Blasen an Stellen, wo ich sie sonst nie bekomme. Schlecht – wir hatten gerade mal ein Sechstel der Höhenmeter.  Noch bis zur Hütte. So früh schon eine Pause, das ist nicht gut. Weiter ging es schräg und eiernd immer den Hang entlang.

 

»Früher« ist auch realtiv

Wildspitze Vent Skitour Bresslauer Hütte Sonne Terrasse WinterraumMit der Sonne wurde es warm, kaum ein Lüftchen ging. Hätten wir doch die Schirme mitnehmen sollen? Nein, wir spekulieren auf Firn und damit eine hübsche Abfahrt. Mal wieder wie früher.

Wobei, »früher« ist irgendwie auch relativ, schließlich war’s unsere erste gemeinsame Skihochtour und für ihn seine zweite überhaupt. Grand Jorasses und Cerro Torre klettern, aber noch nie mit Ski – also nur mit Ski – auf’m Gletscher. Alpinismus 2.0?

Monoton und flach

Skitouren Ausrüstung Skihochtour Wildspitze So ganz ohne Druck, möglichst schnell an irgendeinem Einstieg zu stehen, lümmelten wir erstmal entspannt an der Hütte. Wir waren knapp im Zeitplan und es war so schön warm. Sonne, Frühstück, hübscher Winterraum. Und diese Ruhe!

Frisch verarztet ging es weiter. Abwechslungslos ging es weiterhin in die gleiche Richtung (Hang rechts, Blasen links). Eine Stunde lang machten wir nahezu keine Höhe gut, dafür wurde die Landschaft mit jeder Kuppe imposanter.

Windfahnen SkitourImposant waren auch die Windfahnen, die plötzlich über die Kämme fegten. Und die Felswände in dem Kessel, auf den wir direkt zusteuerten. Wo wird’s da wohl hochgehen?!

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Diese Ausrüstung war mit dabei

Skitouren Ausrüstung Skihochtour Wildspitze »Lang«  ist auch relativ

In ganz eigenem Tempo folgte ich der Spur, die mühelos einige hundert Meter weiter vorne entstand. Lang ist relativ, dachte ich mir mal wieder. Ohne meine Pausen wäre er wohl schon längst am Skidepot. Und das, wo ich möglichst versuchte, das Tempo zu treffen, bei dem ich keine Schnaufpausen brauchte. Geduldig wartete er immer wieder, stapfte Herzchen in den Schnee und kam mit höchster Wahrscheinlichkeit heute noch genau kein einziges Mal ins Schwitzen.

Weiß, steil und tief

Schneerinne Mitterkar Mitterkarjoch WildspitzeWir liefen einen Bogen, der Schnee wurde tief und noch tiefer. Selbst der Mann wurde minimal langsamer, hinter uns tauchten erste Verfolger auf. Immer steiler wurde es, unser Bauchgefühl immer kritischer. Wir wussten schon, woher dieser Pulver kam. Von oben. In Form von Triebschnee.

Mit Abstand zogen wir hinauf und wählten den verschneiten Klettersteig zum Joch. Immer wieder rutschten die Stiefel über die Platten, im Sommer wären bestimmt irgendwo kleine Tritte,  jetzt im Winter war es vor allem alles weiß, steil und tief. Und unheimlich anstrengend.

Gucken!!

Klettersteig Mitterkarjoch Wildspitze WinterDie finale Schneerinne sah von unten auch hübscher aus, als sie am Ende mit ihrer Eisgrundlage zu stapfen war. Steigeisen wären sinnvoll gewesen, der Pickel in der Hand war zumindest hilfreich. Und dann endlich: Der erste Blick auf die andere Seite. Und wieder zurück – das Gucken hatte ich die letzten hundert Höhenmeter glatt vergessen. Rüber. Zurück. Rüber. Wie sagenhaft schön!

Auf die Autobahn

Der Betrieb auf der Skigebiet-Wildspitz-Autobahn war fast noch human, ich hatte es schlimmer befürchtet. Wir reihten uns ein. Und bremsten aus. Ich zumindest. Mit einem Schritt pro Atemzug knallten Höhe und gemachte Meter in mir fulminant zusammen, während die anderen mit einem Viertel unserer Höhenmeter in den Beinen natürlich gewaltig fitter daherkamen.

Hätten wir schneller sein sollen?

Normalweg Wildspitze WinterDie Zweitspur vom Mann wurde gleich mehrmals genutzt. Während ich so dahinzuckelte, eroberte die erste Seilschaft des Tages den Gipfelgrat. Ein bisschen weniger Lümmeln auf der Hüttenterrasse und das hätten wir zwei sein können – aber was soll’s schon. Der Ausblick ist der gleiche und eilig hatten wir es weiterhin nicht – auch wenn wir inzwischen schon knapp zwei Stunden hinter unserem Zeitplan lagen.

 

Die Tour auf der Karte:

 

Im Katalog

Skitouren Ausrüstung Skihochtour Wildspitze Irgendwann kam dann doch auch für mich noch das Skidepot. Oder waren wir in einen Ortovox-Katalog gehüpft? Nagelneue Steigeisen wurden eingestellt und kreativ montiert, den Aufstieg säumten Grüppchen mit den resultierenden Problemen.

Mein Problem war eher das Schnaufen, aber der Stau vor dem Hillarystep im Miniaturformat bot genügend Zeit zum Ausruhen. Irgendwann waren wir an der Reihe und glatt zufällig mit zwei Allgäuer Kollegen am Gipfel.

Poah.

Was für eine Aussicht.

Wohin gucken?!

Erinnerungen

Wildspitze Gipfelkreuz Anraum SeilschaftDer Blick zog unweigerlich in Richtung Vent. Das Tal so weit unten, dass man es nicht mehr sehen konnte, darüber weiße Gipfel, so weit das Auge reichte. Keine Wolke, dafür so viele Gipfel mit persönlichen Erinnerungen:

Similaun und Fineilspitze, eine der ersten Hochtouren. Später die Hintere Schwärze über die Nordwand und nochmals die Fineilspitze. Irgendwann im Rahmen der Venter Runde abermals der Similaun, der Schrankogel, die abgebrochene Weißkugel, die wir letztes Jahr mit den Mädels erstiegen. Zirmkogel: unser erster Gleitschirm-Gletscher-Start. Die Liebenerspitze im Sommer, dort drüben Buin, dort hinten noch viel mehr… Ein intensiver Moment. So. Viele. Erinnerungen.

Der eher unschöne Teil

Gipfelkreuz Sonne Panorama WildspitzeIm Abstieg dann die schleichende Erkenntnis: Das müssen wir jetzt bei der brütenden Hitze alles wieder runter. Mit Ski erst durch gutmütigen Harsch, zu faul für Felle stapfend hinauf zum Joch. Abklettern. Abseilen – möglichst weit runter, um die Lawinengefahr zu minimieren.

Einige Schwünge im tiefen, schweren Pulver, unvermittelter Übergang in Firn, gewürzt mit hinterhältigen Harschpartien. Sie wurden weniger, je weiter runter wir kamen. Die Kraft allerdings auch.

An der Bresslauer Hütte schnappten wir uns abermals die Bank, wickelten als Schutz vor der Sonne die Pullis um den Kopf. Es ist zu warm. Zu hell. Kopfweh hämmerte im Schädel. Und nachher noch zu Fuß über den Sommerweg runter!?

Gute Nachricht!

Skiabfahrt Vent Skigebiet Frühjahr FrühlingZwei Jungs kamen nach, sie waren die ganze Rinne abgefahren – sie hatte offensichtlich gehalten. Sie bedankten sich fröhlich fürs Spuren am Morgen und revanchierten sich mit einem heißen Tipp: Sie waren morgens über die Piste aufgestiegen – bis auf 20 Meter war sie noch komplett schneebedeckt!

Mit frischer Motivation kurvten wir in Richtung Skigebiet. Der Sulz half beim Bremsen und siehe da: Die Jungs behielten tatsächlich Recht! Lachend wedelten wir zum Auto.

Knapp zehn Stunden nach unserem Aufbruch heute Morgen waren wir wieder hier. Die Blasen schmerzten, die vergessenen FlipFlops ebenfalls. Das Eis in Ötz schmeckte dafür umso besser – genauso wie alles andere, was wir an diesem Abend an Kalorien noch so finden konnten.

Rundum perfekt.

Ein Traumtag zwischen zwei Regentagen. Perfekt genutzt. Perfekt gelaufen. Große Motivation auf noch mehr Berge – allerdings mit der Gewissheit, dass das erstmal nichts wird. Am Donnerstag geht’s nach Afrika. Fels und grüne Hügel warten auf uns. Was für ein Leben.

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Facts: Skitour Wildspitze ab Vent im Ötztal

Start um 4.45 an der Talstation der Bergbahn, Gipfel etwa gegen 12 Uhr. Skigebiet seit mehreren Wochen bereits geschlossen, Aufstieg über Sommerweg die ersten ca. 200 hm komplett schneefrei und hübsch zu gehen. Winterraum in der Bresslauer Hütte extrem schön! Klettersteig war bei uns zumindest im Felsteil gut erkennbar, die meisten Stufen lagen jedoch unterm Schnee. Gurt mit Selbstsicherung macht hier für einen kurzen Ausrutscher Sinn. LVS-Ausrüstung auch, die Rinne ist steil! Fast alle Gruppen – auch mit Bergführern – waren am Gletscher ohne Seil unterwegs. Die „Schlüsselstelle“ wenige Meter unterhalb des Gipfels schien mir mit Schnee sehr gutmütig zu sein, Steigeisen machen oben raus aber Sinn. Wir haben das Seil zum Abseilen über den Klettersteig genommen, was nett, aber nicht unbedingt nötig war.

Hike und Fly Wildspitze mit Gleitschirm:

Wir hatten trotz Traumwetter nur wenig Talwind, Wiesen sind nicht endlos riesig, aber ausreichend vorhanden. Startplatz wenn dann vom Nordgipfel, wir haben nicht wirklich einen Startplatz in Richtung Süd ausmachen können (weder an der Ostschulter noch irgendwo in Richtung Mitterkarjoch). Startrichtung Nord findet sich deutlich mehr.

Sonnenaufgang Skitour Wildspitze ab Vent Sonnenaufgang Skitour Wildspitze ab Vent Sonnenaufgang Skitour Wildspitze ab Vent Licht Schatten Skitour Winter Bresslauer Hütte Zustieg Bresslauer Hütte Frühling Mitterkar Winter Skitouren Ausrüstung Skihochtour Wildspitze Panorama Wildspitze Mitterkar Sonnenstrahlen Skitour Ötztal Herz Winter Skitour Schnee Windfahnen Skitour Skitour Wildspitze Mitterkarjoch Im Klettersteig im Mitterkarjoch (Wildspitze) MItterkarjoch Wildspitze Normalweg Wildspitze Skitour Wildspitze Gipfel Skitour ab Vent auf die Wildspitze Bresslauer Hütte Winter

 

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Tour der Unwägbarkeiten (Spiegelkogel-Firmisanschneide-Schalfkogel)

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Triple-Überschreitung vom Ramolhaus zum Hochwildehaus: Was beim einheimischen Bergführer noch nach genüsslicher Hochtourkraxelei klang, hörte sich beim Hüttenwirt am Abend überhaupt nicht mehr so trivial an. Brüchig, wirklich brüchig. Sehr, sehr lang. Und der Weg hinunter zum Gletscher? »Keine Ahnung, noch nie gehört, dass es da einen gibt«. 

Ramolhaus, Obergurgl, Ötztal, HochtourFreitag Nachmittag, Obergurgl. Der Schweiß lief nach fünf Schritten schon davon. Das Wochenende begann gleich einmal mit einer Unwägbarkeit: 1.100 Höhenmeter und acht Kilometer waren es bis zum Ramolhaus, laut eigener Planung maximal drei Stunden, laut Internetz und Hüttenwirt vier bis fünf. Ersteres wäre im Angesicht des hungrigen Magens gut, letzteres äußerst schlecht. Wir gaben etwas Gas und hoffen auf einen gnädigen Koch.

Unser Plan

Gebirgsbach, Ötztal, WasserfallDer abendliche Regen blieb aus, wir genossen herrliche Pfade durch steile Grasflanken mit Blick auf Gletscher und unsere Gipfel-Trilogie morgen: Vom Ramolhaus soll es über den Ostgrat zuerst auf den Spiegelkogel, dann weiter über die Firmisanschneide bis zum Schalfkogel gehen. Leichte Kraxelei, weder wirklich schwer noch ausgesetzt. Nur »manchmal nicht ganz fest«, sagte der einheimische Bergführer, der uns diese Tour empfohlen hatte. Irgendwo käme eine III-Stelle. Vielleicht.

Anschließend irgendwie hinunter zum Gletscher und auf dessen anderen Seite hinauf zum Hochwildehaus – genauer genommen zu dessen Winterraum, denn die eigentlich so liebevoll bewirtschaftete Hütte ist seit einigen Jahren geschlossen: Der Permafrost ist schon länger weder perma noch frost und sorgt so dafür, dass das ganze Haus langsam absackt.

Der Winterraum steht – bisher zumindest – geschickter und so werden wir bis morgen Abend zusätzlich zum Hochtourengeraffel eigenes Essen durch die Gegend schleifen. Alles andere – Herd, Kochzeug, Decken – sollte da sein. „Sollte“ – schon wieder so eine Unwägbarkeit.

Der fröhliche Slowake

Die Hütte erreichten wir in unter drei Stunden, ein erster Lichtblick. Der zweite folgte sogleich – der slowakische Hüttenpächter freute sich mächtig über seine (fast) einzigen Gäste heute Abend, servierte sehr fröhlich ein wunderbares Abendmahl mit noch wunderbarerem Ausblick.

Wegen all der Unwägbarkeiten quetschten wir ihn bei Schnaps und Hausführung über unsere Tour aus und bekamen statt Aufklärung erst richtig Bammel:

Brüchig Stein!

»Brüchig Stein, wirklich brüchig Stein. Und alles sehr lang!«. In meinem Kopf tauchten Bilder vom Peuterey-Grat auf. Mindestens. »Wenn ihr aber Ostgrat schafft, dann schafft ihr den Rest auch – schwerer wird nicht.« Von einer III-Stelle wusste er nichts, das könne aber schon sein. Er hatte die Überschreitung nie gemacht. Sicherheitshalber wiederholte er den Hinweis mit dem brüchigen Stein noch mehrmals, bis uns das Herz auf Halbmast hing.

 

»Da gibt es einen Weg?«

Hochtour, SonnenaufgangAls er dann von dem Weg durch die Ostflanke hinunter zum Gurgler Ferner sprach, rutschte es dann vollends in die Hosentasche. Von einem Weg wisse er nichts, überhaupt wird diese Tour, wie wir sie vor haben, kaum unternommen. Dieses Jahr noch gar nicht.

Einziger Lichtblick: Sollte im Abstieg irgendwas nicht klappen, könnten wir notfalls auf etwa gleicher Höhe zur Hütte zurückqueren. Neben den Bildern vom Peuterey-Grat tauchten in meinem Kopf die Satellitenbilder des Gletschers auf, den wir dann queren müssten: Exakt parallel zu gar nicht so trivialen Spalten. Zu zweit, irgendwann am Nachmittag bei aufgeweichtem Schnee. In Anbetracht meines soeben kaputt gegangenen Smartphones fluppte das Herz mit gehörig Wumms in die Fußspitzen. Von wegen gemütliche Hochtourenkraxelei. 

Den halben Abend versuchten wir, wenigstens mein Handy wieder zum Laufen zu bringen. Vergeblich. Zwanzig Tage nach Garantieablauf hatte ich irgendwie nicht das Gefühl, dass das Zufall war. Wir verkrümelten uns in unsere Betten und schliefen schlecht.

Wir waren uns einig: Am meisten machte uns der Abstieg Sorgen. Wir hatten Respekt vor den Spalten und dem womöglich weglosen Abstieg durch ein unübersichtliches Gewirr aus steilem Gletscherschliff. Die Qualität des Gesteins am Grat und nicht zuletzt das Gerücht, dass man für den Winterraum einen Schlüssel bräuchte, beunruhigte uns auch etwas. Noch dazu die Wetterprognose, die ab 14 Uhr Gewitter ansagte und nur ein Handy für den Notfall. Was wird uns morgen wohl erwarten?

So viele Unwägbarkeiten.

Diese Ausrüstung war mit dabei

Start mit Zweifeln

Ramolhaus, Sonnenaufgang, HochtourMit dem ersten Licht verließen wir die Hütte, folgten dem Weg, fanden den Einstieg zum Ostgrat sofort. Während wir die überraschend schöne Kraxelei am Grat genossen, ging hinter uns die Sonne auf. Was für ein Schauspiel – die Wolken waberten am Hauptkamm und wurden von einer unsichtbaren Barriere zurückgehalten. Das Herz, das immer noch nahe der Fußspitzen harrte, fing ganz langsam an zu hüpfen. Solch eine hübsche Kletterei! Der Fels war einwandfrei, meist waren ohnehin Trittspuren zu sehen. Ein richtig netter Blockgrat! Er brachte uns nach rund einer Stunde zum ersten Gipfelkreuz. Buch ohne Stift. Naja, tragen wir uns beim nächsten Gipfel ein.

1/3 Spiegelkogel

Von hier sah der Grat, der noch vor uns lag, weit aus. Viel weiter als gestern von der Hütte. Aber machbar – guter Fels vorausgesetzt. Der Abstieg entpuppte sich auch als deutlich gutmütiger als gedacht, die meisten Griffe blieben dort, wo wir sie vorfanden. Unten kam, was wir befürchten hatten: Wir wurden langsamer, immer wieder waren lose Blöcke unter den Sohlen, die uns vorsichtiger gehen ließen. Aber alles noch im Rahmen!

Endlich ging es hinauf zum nächsten Gipfel. Der Fels wurde einen Tick schlechter, aber für Allgäuer Verhältnisse noch immer gut. Die Gipfelbuchbox der Firmisanschneide bot erfreulicherweise gleich zwei Stifte, dafür aber ein vollends aufgeweichtes Gipfelbuch. Okey, dann halt am nächsten Gipfel!

2/3 Firmisanschneide

Drei Stunden waren wir inzwischen unterwegs, der Blick zurück überraschte uns – von hier sah es richtig weit aus. Aber auch der Blick nach vorne wirkte nicht viel besser. Wir schätzten zwei Stunden bis zum nächsten Kreuz und waren damit fast zu optimistisch.

Langsam wurde der Fels tatsächlich brüchig – aber die gute Art von Bruch, bei der man einfach etwas behutsamer zupackt, ohne die Angst haben zu müssen, gleich den halben Berg in Bewegung zu setzen.

Diese Form der Brüchigkeit erwartete uns erst auf den letzten Felsmetern hinauf zum Schalfkogel. Silberne Felsbrocken in silbernem Matsch, nichts so richtig verbunden. Wir wechselten auf die bereits aufgeweichten Firnschneide und stapften schnaufend hinauf.

Wolkentupfen

Die Wolken am Hauptkamm sahen trotz der Mittagszeit noch gutmütig aus, nur langsam bildeten sich auf unserer Seite erste Thermikwölkchen. Noch nicht bedrohlich, da waren wir uns einig.

Endlich – wir waren  nun bald sechs Stunden unterwegs – erreichten wir die Schulter des Schalfkogels. Mit reduziertem Gepäck ging es hinauf. Müde, hungrig, immer noch mit einem unguten Gefühl, was den Abstieg anging. Und trotzdem mit der Gewissheit im inzwischen doch ganz zuversichtlichen Herz: Wir wollen gerade nirgends anders sein. Es ist genial! Bisher hatte alles viel besser geklappt, als befürchtet!

3/3! Schalfkogel!

Wirklich glücklich fielen wir uns am letzten Gipfel für heute in die Arme. Der Blick frei hinüber zu einem – meiner Meinung nach – schönsten Gipfel überhaupt: Die Hintere Schwärze. Die restliche Prominenz von Fineilspitze, Weißkugel, Wildspitze und Hochwilde stand Spalier. Herrlich. Und wieder die Erkenntnis: Das Problem an Hochtouren ist einfach jedes Mal, dass man sich wie Bolle auf den Gipfel freut, ihn stundenlang herbeisehnt und dann, wenn man oben ist, eigentlich nur noch runter will. Eine Tour ist erst geschafft, wenn man wieder im Tal steht.

Mit unseren verbleibenden Unwägbarkeiten was den Abstieg anbelangte, blieb uns einfach keine Ruhe. Wir aßen kurz etwas, freuten uns und staunten über den Weg, den wir heute zurückgelegt hatten: Von hier sah es lang aus. So richtig – richtig – lang. Poah.

 

Die Tour auf alpenvereinaktiv.com:

Abstiegsunwägbarkeitismus

Wenig später banden wir uns ins Seil und folgten alten Spuren durch die teilweise steile Ostflanke des Schalfkogels. Dank eines eingezeichneten Wegs in unserer Karte trafen wir zielsicher am untersten Rand des Schnees auf ein Steinmännchen. Und noch eines. Wir jubelten – hier waren zumindest schon mal Menschen gewesen!

Danach war dann aber Schluss mit Zeichen. Etwas ratlos standen wir im Schutt und folgten in Ermangelung an Alternativen der Nase. Querten, hofften und suchten angespannt nach einer weiteren Markierung. Suchten. Liefen. Suchten weiter.

Und rumpelten fast in einen mächtigen Steinmann: Wir hatten ihn wegen seiner Größe glatt übersehen! Neben ihm leuchtete eine riesige weiß-rote Markierung. Dahinter noch eine, »da unten noch eine! Da noch eine!!«. Die Anspannung fiel ab, wir hüpften den Markierungen erleichtert hinterher.

Gruselfinale

Sie führten uns geschickt durch das Geröll und leiteten direkt auf ein vielversprechendes Band aus glatt geschliffenen Platten. Gerade, als wir drei mächtige Bäche erreichten, war der Gletscher nicht mehr weit.

Ein altes Seil baumelte in einer Sanduhr, das Ende hing etwas oberhalb des unterspülten Gletschers. Da war sie nun also, die letzte ungute Unwägbarkeit.

Wir hangelten uns über mittelgutes Gelände hinunter, hatten beide großen Respekt vor der dünnen Schneebrücke. Gesichert hüpfte Lena über die Spalte und rutschte prompt einige Meter hinunter.

Der Schnee hielt. Auch mich. Gott sei Dank, erst kürzlich waren bei uns im Allgäu bei genau so einer Aktion zwei Bergsteiger ums Leben gekommen. Erleichtert schlugen wir uns in die Hände, stapften einmal quer über den dahinschmelzenden Gletscher und mobilisierten die Kräfte für den Gegenanstieg.

Happyhappyultrahappy End

Nach all den Unwägbarkeiten dieses Tages blieb nun nur noch eine: Die Hütte. Wird sie offen sein? Wird sie ausreichend ausgestattet sein? Ein paar hundert Höhenmeter später erreichten wir die kleine Fidelitashütte im Schatten des wunderschönen Hochwildehauses. Bangend drückte ich die Klinge runter. Die Tür klemmte einen Moment und sprang knarzend auf.

Ein kurzer Blick hinein: Alles da! Decken, Kochgeschirr, Feuer – es sah unheimlich gemütlich aus. Die letzten Sorgen fielen von uns ab, wir fielen uns in die Arme. Wie haben wir uns das verdient? Der Tag lief rundum perfekt – die Tour, das Wetter, die Kondition, die Bedingungen, die Hütte… Mächtige Zufriedenheit machte sich breit.

Wir lagen in der Sonne, aßen das erste Mal seit zehn Stunden etwas anderes als Riegel, tranken Tee nach Tee und genossen das Leben in vollen Zügen. Was für ein Tag. Was für ein perfekter Tag.

 

Alle Infos zur Tour gibt es auf alpenvereinaktiv.com.

Ein paar mehr Bilder:

Ramolhaus, Obergurgl, Ötztal, Hochtour Hochtour, Sonnenaufgang Ramolhaus, Sonnenaufgang, Hochtour

 

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Rüber? Runter? (Annakogel & Hochwilde/Ötztal)

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Wenn der innere Entscheidungs-in-Frage-Steller auf Hochtouren läuft. (Überschreitung Annakogel-Hochwilde im Juli 2019)

Hochtour, Ötztal, ObergurglLauter Donner weckt uns. Regen prasselt auf das Dach unserer kleinen Hütte. Ein heimeliger Moment,  aber wir waren vom Vortag zu erschöpft, um ihn lange zu genießen. Ich schlafe sofort wieder ein.

Um halb fünf klingelt der Wecker, draußen verhängt eine dicke Cirren-Schicht den Mond. Nicht ideal, aber bisher okey. Wir starteten ohne Frühstück, wanderten einfach erstmal gemütlich in Richtung Gletscher.

 

Hinauf-Schnauf

»Schnell« war  anders, aber wir bemühten uns immerhin um Kontinuität. Die Beine waren schwer. Der Umstieg auf Gletschergeraffel ging dafür flink und schon stapften wir mit zwei nachkommenden Seilschaften im entfernten Schlepptau über den Gletscher. Gleichmäßig gehen, nicht zu schnell. Der Schnee war unheimlich weich, das Spuren war jetzt schon mühsam.

Wir querten Bäche und Eissümpfe, spürten förmlich den Klimawandel, der diesem Eis hier heftig zusetzt. Wie lange wird es noch da sein? Eine Frage, die man sich heutzutage bei jeder Hochtour stellt.

Brotzeit, Hochtour, Bergsteigen,

Wetter-Sorge

Anders als Normalweg-Aspiranten bogen wir am Durchschlupf zum Gurgler Ferner ab und stiegen hinauf zum Annakogel. Anstatt Weg zu verschenken einfach direkt hoch, was soll’s.

Ein paar Meter im Geröll und schon standen wir auf unserem vierten Dreitausender an diesem Wochenende. Ein einfacherer Holzstab markiert den »Triumpf«, wir verzogen uns lieber in ein kleines Felsloch, um dem kalten Wind zu entfliehen.

Schnelles Frühstück, wir waren ohnehin schon später als gehofft. Das Wetter machte uns Sorgen. Noch war es okey, die dunkle Wand im Westen, von wo heute Mittag Gewitter kommen sollten, war noch weit entfernt. Aber wie weit entfernt?

 

Überschreitung Annakogel BruchDer eigentliche Plan

Erstmal auf der anderen Seite wieder runter zum Gletscher. Bruch und eine steile Eisflanke brachten uns zurück zum Normalweg, dann wieder ein Wetter-Check: Noch immer okey. Wir beschlossen, zumindest mal den Nordgipfel zu versuchen.

Unser ursprünglicher Plan war von dort in etwa einer Stunde hinüber zum Südgipfel zu klettern, von dort hinunter zum Langtaler Ferner und über diesen durch ein angebliches Spaltengewirr hinaus zur gleichnamigen Hütte.

Den Gipfel mit all seinen Stahlseilen wollten wir um keinen Preis im Gewitter erleben, den Gletscher ebenso wenig im Nebel…

 

Hochtour, Klettersteig, Ötztal

Geschlagener Gipfel

Wir folgten drei Jungs, die uns erfreulicherweise die steile Spurarbeit abnahmen und wechselten in Klettersteigmodus.

Wir fühlten uns ohne Sicherung wohl in diesem Gelände, wenn auch etwas befremdlich. Wir sind einfach beide keine Fans von verbauten Gipfeln. Ohne die vielen geschlagenen Tritte im Fels wäre das hier richtig anspruchsvolle Kletterei.

Wir hielten Abstand zur Seilschaft vor uns, hatten etwas Bedenken bezüglich ihrer Sicherungsmethode. Sagt man bei tendenziell lebensgefährlichen Sicherungspraktiken nun was? Wir sparten es uns, hofften für sie mit.

»Einladend« sieht anders aus

Am Gipfel dann der Blick hinunter zum Verbindungsgrat. »Hrmpf….«. Wir schauten uns einen Moment an, schauten noch einmal runter. Das sah überhaupt nicht einladend aus. »Hm«, verständigten wir uns.

Abbruch

Dann wieder ein Wettercheck: Die Wolkenbasis hatte inzwischen die Wildspitze verschluckt. Die dunkle Wand war deutlich näher. »Dreh’mer um, oder?«. Ein Regenbogen erleuchtete die benachbarte Hintere Schwärze. »Lieber schnell, bevor’s nass wird«.

Wir waren uns einig, die Entscheidung war ganz nüchtern gefallen. Ein kurzes Nachfühlen im eigenen Bauch: Reden wir uns was ein, weil wir von gestern noch müde sind?  Machen wir unnötig einen Rückzieher? Nein. Die Entscheidung fühlte sich gut an, der Regenbogen sagte alles.

Oder?

Wir krabbelten noch kurz zum Gipfelkreuz, gratulierten den Jungs. Sie wollten noch rüber zum Südgipfel und anschließend wieder über den Nordgipfel absteigen, weil sie Gepäck am Hochwildehaus deponiert hatten. »Das Wetter sieht ja noch ganz gut aus!«.

Der innere Entscheidungs-In-Frage-Steller sprang sofort an: Sind wir zu vorsichtig? Reden wir das Wetter schlecht? Drücken wir uns vor dem Weitergehen!? Aber nur für einen Moment.

Das Wetter sieht ja noch ganz gut aus!‘?! Lena und ich, im Kopf gruselig ähnlich gestrickt, schauten uns kurz an, schauten zum Regenbogen, schauten noch einmal uns an. Und verabschiedeten uns freundlich.

Diese Ausrüstung war mit dabei:
Eine ausführliche (Text-)Beschreibung gibt es im aktuellen
Ausrüstungsschnack »Leicht-Ausrüstung für Hochtouren«

 

Passt schon!

Erleichtert, eine Entscheidung getroffen zu haben, die auch dieser Prüfung standhielt, huschten wir den Klettersteig hinunter und legten unten erstmal eine gemütliche Pause ein. Weitere Seilschaften kamen an, zogen zielstrebig zum Gipfel.

Eine halbe Stunde später schien die Sonne, die dunkle Wolkenfront zog nördlich an uns vorbei. Wieder ein Blick zueinander, diesmal etwas ungläubig. Aber was hätten wir da oben anders entscheiden sollen?

Wir standen zur Entscheidung, es fühlte sich gut an. Zufrieden hatschten wir zurück über den Gletscher, ein Stück hinter uns folgten die drei Jungs vom Gipfel.

Sie hatten wohl die Überschreitung doch nicht unternommen. Sollte es uns leid tun, dass wir ihnen mit unserer Entscheidung die Tour scheinbar verkürzt hatten? Ne, eigentlich nicht. Ist ja jeder selber groß hier draußen.

 

Happy moments

Im herrlichen Sonnenschein verputzten wir auf der Gletschermoräne die letzten Essensvorräte, bestaunten den blauen Himmel und unsere müden Beine.

Zwei Stunden Hatsch warteten auf uns bis zur nächsten Verpflegungsstation: Die Langtalereck Hütte.

Im Regen runter

Kurz vor unserem Schlafplatz am Hochwildehaus zog unvermittelt eine Wolkenwand das Tal hinauf, verschluckte uns wenige Minuten später und öffnete die Pforten. Im Regen trotteten wir hinunter.

Ob der Nebel bis hinauf zum Gipfel reicht oder ob die Wetterscheide am Hauptkamm dagegen hält? Hoffentlich gewittert es nicht, während noch jemand dort ist… 

 

Hygge

Langsam saugten sich unsere Klamotten voll mit Wasser, wir folgten erleichtert dem hübsch angelegten Pfad. Eigentlich schön! Es war kaum kalt, wir wussten, dass wir in kurzer Zeit auf einer Hütte und etwas später im Tal sein würden. Es warteten keine besonderen Gefahren mehr auf uns, wir mussten einfach nur gehen. Hatten es nicht mal besonders eilig.

Das prasseln vom Regen auf der Kapuze, die PingPong-spielenden Gedanken, die pure Zufriedenheit, ein geniales Wochenende erlebt zu haben… Dankbarkeit machte sich breit. Für das Wetter, das es insgesamt sehr gut mit uns gemeint hatte, für das Glück, das wir die letzten beide Tage hatten und auch für unsere Routine, dank der wir beide Touren so souverän meistern konnten.

Ein gutes Gefühl.

Ein geniales Wochenende.

 

PS: Hier geht’s zur Tour am Vortag (Überschreitung von Spiegelkogel – Firmisanschneide – Schalfkogel vom Ramolhaus aus). 

PPS: Unterhalb der Galerie finden sich die Infos zur Tour (diesmal auf alpenvereinaktiv.com).

PPPS: Hier geht es zur Übersicht unserer Leicht-Ausrüstung für Hochtouren.

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Soll wohl nicht sein? (Piz Palü in a day)

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Okey. Das soll heute vielleicht einfach nicht sein. Aber…
ich. will. da. hoch!!!
(Piz Palü Ostgipfel | Anfang März 2020)

Freitag. Die Idee kam spontan und war fahrtechnisch nicht wirklich vertretbar. Aber bei diesem bisherigen Winter fängt man an, auch einzelne »Schönwettertage« zu nutzen. Genaugenommen war es nicht mal ein ganzer »Tag« und noch genauer genommen war die Prognose nicht wirklich »schön«: Wolken ab zwölf, einen Fünfziger-Wind auf 4.000 Meter.

Aber es juckte in den Beinen, wir wollten beide einfach mal wieder was Großes zusammen unternehmen.

 

Bus-Einweihungs’party‘

Also Samstag spontan ans Ende der Welt – aka Pontresina –, den Bus einweihen und schnell ins Bett. Vier Stunden später dann der Wecker. Und dazu: Pistenraupenrauschen. Ne?!

Uns war klar: So gehen wir da nicht hoch. Wir warteten, frühstückten, lugten immer wieder aus dem Bus.

 

Überraschungen gibt’s!

Eine halbe Stunde hinter unserem Zeitplan hielt ich eine Raupe an und fragte mit maximal schlechtem Gewissen, ob wir irgendwie aufsteigen könnten.

Als Gleitschirmpilotin und Allgäu-Bewohnerin rechnete ich mit einem deftigen Abfuhr. Und dann? War der Mann einfach unfassbar freundlich. Freute sich über unseren Plan, ließ uns nicht nur die Piste aufsteigen, sondern bot sogar an, mit ihm mitzufahren.

Ein kurzer, verlockender Moment.

Das, äh, wäre…, flüsterte das Teufelchen.

Nein, Danke! Wir laufen vom Tal. Sagten mein Engelchen auf der Schulter und ich aus einem Mund.

Aufstieg zur Diavolezza

Ich fühlte mich richtig gut. Freute mich einfach hier zu sein. Zwei Stunden später die nächste Freude: Das Berghaus Diavolezza war nicht nur offen und warm, es stand sogar eine eingeschaltete, verlockende Kaffeemaschine da. Wir enthielten uns, die Franken lagen schlauerweise unten im Bus.

Nein!

Mit dem Sonnenaufgang ging’s wieder raus in die Kälte und per Ski hinunter zum Gletscher, der zum Piz Palü hinaufzieht. Und dann die bittere Überraschung:

Meine Adhäsionsfelle hielten kein Stück. Wir wärmten sie, wärmten die Ski, probierten alles, aber sie hielten immer nur für ein paar Meter. Nein nein nein!

Nächste Stufe: Tape. Hielt besser, aber auch nur für ein paar hundert Höhenmeter. Immer wieder der Gedanke: Wie viel Zeit können wir hier jetzt vertrödeln? Sollten wir direkt abbrechen? Alles passte: Wetter, Körper, Motivation…! Nur wegen diesem einen Ausrüstungsgegenstand jetzt umdrehen?

Nein. Mann!!!

Als das Tape aufgebraucht war, dann die letzte Eskalationsstufe: Harscheisen und eine zerschnittene Bandschlinge. Die Kabelbinder lagen im anderen Skitourenrucksack. Hat man auch davon, wenn man kurzfristig einen neuen Rucksack mitnimmt.

Oh man.

Soll es vielleicht einfach nicht sein?

Die Bandschlinge tat vorerst ihren Dienst. Durch den ganzen Murks waren wir zwar gut ein, zwei Stunde hinter dem Zeitplan, aber dafür fast unbemerkt schon gut fünfhundert Höhenmeter weiter oben.

Ganz langsam rückte die Konzentration weg von dem Fellproblem, hin zu dieser gigantischen Landschaft und zur Freude, dass wir heute wirklich hier waren. Langsam spürte ich die Höhe, aber hey, immerhin hielten die Felle!

Diese Ausrüstung war mit dabei:

Zumindest bis kurz unter das Skidepot. Es war Zeit für Harscheisen, die ja eh schon auf meinen Ski waren. Ohne Felle halfen die aber nichts, Gehen war fast nicht möglich. Schon wieder verloren wir Zeit.

Irgendwann dann Eskalationsstufe Nr. 4: Ski weg, zu Fuß mit Steigeisen weiter. Mühsam. Unfassbar mühsam.

Aber es war wirklich nicht mehr weit zum Skidepot.

Rinnende Zeit

Inzwischen holten uns drei Seilschaften und ein Alleingänger ein, was irgendwie frustrierend war. Wir waren so früh aufgestanden, hätten vor zwei Stunden schon am Gipfel stehen sollen. Aber jetzt aufgeben? Eigentlich sprach nichts dafür, außer die brutal kalten Finger, Füße und ein nahezu eingefrorenes Gesicht.

Und vielleicht die Wolken, die sich langsam bildeten.

Teufelchen und Engelchen

Das Teufelchen auf der Schulter meldete sich mal wieder und fragte vorsichtig an, ob denn der Gipfel bei dem Wind und den aufziehenden Wolken wirklich sein müsse.

Das Engelchen zeigte ihm kurzerhand den Vogel und los ging’s die Flanke in Richtung Gipfel. Mühsam. Zumindest für mich. Aber immerhin kaum gruselig, auch wenn hier ein falscher Tritt eine rasante, eher bösartige Rutschfahrt bedeuten würde. Komisch, dieser Kopf.

Warum nochmal?

Dann irgendwann der Grat, wo im Windschatten kurz die Finger schmerzhaft auftauten. Warum tun wir uns das jetzt nochmal an? Der Mann sorgte sich um meine schon etwas weiße Nase und ich sorgte mich um die Ausgesetztheit auf dem Verbindungsgrat zum Gipfel.

Hier jetzt einfach bleiben… Gipfel, Fast-Gipfel, was soll’s schon? Das Engelchen zeigte abermals den Vogel und so ging es tatsächlich zum Gipfel.

Piz Palü!

Poah. Wie oft hatte ich heute schon damit abgeschlossen, hier oben zu stehen? Die Aussicht war sensationell, immer wieder gaben die zerfetzten Wolken Blicke hinunter auf die restliche Welt frei. Wir waren wirklich weit oben.

Wir schauten kurz, plauschten mit einer anderen – schon wieder wirklich freundlichen – Seilschaft und traten den Rückweg an.

Nur die halbe Miete

Ein Gedanke im Abstieg: Es ist immer das Gleiche. Man läuft und läuft und läuft stundenlang in Richtung Gipfel und dann ist man oben und hat kaum Nerven, den Blick wirklich ausgiebig zu genießen. Sei es wegen Kälte oder wegen dem Bewusstsein, dass hier die Tour einfach noch lange nicht rum ist.  Ob es da nur mir so geht?

So viele nette Menschen!

Am Skidepot folgte eine weitere schöne Erfahrung: Eine Lady hatte gesehen, dass meine Felle nicht mehr hielten und empfahl die Abfahrt nach Morteratsch. Sie würde uns das Geld für den Zug auslegen, unsere Franken lagen ja im Bus.

Ein verlockendes Angebot. Zwar juckte es uns beide, die Tour so zu vollenden, wie wir sie geplant hatten – also mit Gegenanstieg hinauf zur Diavolezza, aber andererseits machte das mit diesen Fellen einfach keinen Sinn. Und der Schnee war wirklich gut.

Also wedelten wir am Gegenanstieg vorbei hinab zum Bahnhof. Mit einer Wahnsinnsbergkulisse im Rücken.

20 Minuten später saßen wir am Auto und vier Stunden später wieder daheim im Wohnzimmer. Ein Intermezzo der besonderen Art.

Und jetzt?

Kaufe ich mir Klebefelle.

 

 

Tourenbeschreibung hier oder unterhalb der Bilder-Galerie.

 

Tourenbeschreibung Piz Palü Skitour

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